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Arecidae



Betelnußpalme (Areca catechu). Aquarell aus:
A. KERNER v. MARILAUN "Pflanzenleben" 1913


Die Arecidae sind mit Sicherheit kein natürliches Taxon. Sinnvollerweise müßte man es in (mindestens?) zwei Taxa untergliedern, eines würde die Ordnungen Arecales, Cyclanthales und Pandanales enthalten, das andere die Arales (mit den beiden Familien Araceae und Lemnaceae). R. M. T. DAHLGREN et al. (1985) stufen diese beiden Gruppen als Überordnungen ein und bezeichnen sie als Areciflorae und Ariflorae. Wie dem auch sei, die vorwiegend tropischen und subtropischen Arecidae repräsentieren eine extrem heterogene Pflanzengruppe. Einerseits rechnet man hierzu über 60 Meter hohe Palmenarten sowie andere Palmen, wie die Seychellenpalme (Lodoicea seychellarum), deren Früchte 10-12 kg schwer und damit die größten Früchte überhaupt sind, andererseits aber auch die kleinste aller Blütenpflanzen, die nur 1-1,5 mm große, wurzellose Zwerglinse Wolffia arrhiza.

Die Gemeinsamkeiten der Arecidae werden im Blütenbau gesehen. Die Blüten sind in der Regel stark reduziert und an eine Bestäubung durch Wind, Insekten, Vögel oder Fledermäuse adaptiert. Oft sind sie eingeschlechtig, und neben monözischen kommen diözische Arten vor. In der Regel sind die Blüten zu mehr oder weniger komplexen Blütenständen vereint. Oft sitzen sie an kolbenförmig verdickten Achsen (einem Spadix), und oft sind sie von einem auffallend gefärbten Hochblatt, einer Spatha umgeben. Die Existenz der Spatha war der Anlaß, die Arecidae ursprünglich als Spathiflorae (oder wegen des Spadix als Spadiciflorae) zu bezeichnen. Es mehren sich jedoch die Hinweise darauf, daß das Vorkommen des Spadix nicht als Homologiebeweis gewertet werden darf. Den Arecidae gehören die schon genannten vier Ordnungen (fünf Familien) an. Die Pandanales und die Arecales (= Palmaceae, Palmae) sind durch ein auffälliges primäres Dickenwachstum (Erstarkungswachstum) gekennzeichnet .

ARECIDAE - Photos: G. CARR - University of Hawaii - Botany Department - Vascular Plant Families

Arecaceae Cyclanthaceae Pandanaceae Araceae Lemnaceae


Arecales

Arecaceae (= Palmaceae, Palmae): Die Palmen sind in den Tropen und Subtropen verbreitete, meist unverzweigte, schlankstämmige Bäume, Bäume mit gestauchtem Stamm, oder strauchähnlich aussehende Formen, die gelegentlich einen teilweise unterirdischen Stamm besitzen. Der Familie gehören 3000 Arten an (= etwa die Hälfte der 5600 Arecidae-Arten). Am oberen Stammende tragen sie alle einen Schopf (eine Krone) aus wechselständigen, außergewöhnlich großen, langgestielten, immergrünen, derben Blättern (Wedeln), und je nach deren Form unterscheidet man zwischen Fieder- und Fächer. Palmen sind vielgestaltig und man findet sie in den unterschiedlichsten Habitaten.

Bei den Fächerpalmen ist die Blattspreite während der Entwicklung ungeteilt angelegt und gefaltet, bei den Fiederpalmen ist die Unterteilung bereits in der Anlage erkennbar. Von starken Mittelnerven gehen annähernd parallel laufende Seitennerven schräg zum Rand ab. Palmen sind obligat mycotroph, da sie keine Wurzelhaare ausbilden.

Die vielfach eingeschlechtigen Blüten sind zahlreich und meist in axillär stehenden Infloreszenzen vereint. Die bekannteste Art und die wohl vielseitigste Kulturpflanze ist die Kokospalme Cocos nucifera. Ihr Holz dient dem Bau von Häusern und anderen Konstruktionen, die Blattwedel werden zum Decken von Häusern (Hütten) oder zum Flechten von Matten genutzt. Der feste Anteil des Endosperms ("Kopra") sowie der flüssige ("Kokosmilch") dienen der menschlichen Ernährung. Aus der Schale der Steinfrucht ("Kokosnuß"), die ein steinhartes Endokarp besitzt, können Gefäße gefertigt werden; die Fasern des Mesokarps werden zum Flechten und als Füllmaterial verwendet. Die Kokosmilch ist reich an das Zellwachstum und die Zellteilung stimulierenden Substanzen. Sie wird daher routinemäßig in der Zell- und Gewebekultur eingesetzt.

Die Früchte von Phoenix dactylifera (Dattelpalme) sind einsamige Beeren. Die Dattelpalme bildet tiefgehende Wurzeln aus, sie ist daher ein Charakterbaum des nordafrikanischen und westasiatischen Wüstengürtels. Sie ist zweihäusig, und bereits seit dem Altertum wußte man, daß eine Dattelpalmenplantage nur dann Früchte erzeugt, wenn ein männlicher Baum in der Nähe steht. Schon seit alter Zeit wußte man aber auch, daß man den Bestäubungsprozeß auch beschleunigen konnte, indem man einzelne Zweige männlicher Infloreszenzen mit in weibliche Infloreszenzen einband. Eine dritte intensiv genutzte Palmenart ist Elaeis guianensis, die Ölpalme, deren Fruchtstand aus über 1000 Einzelfrüchten zusammengesetzt ist und daher als Sammelfrucht bezeichnet werden kann

Zu nennen wären ferner Metroxylon rumphii und Metroxylon laeve (Sagopalmen), sodann die in Nord- und Mittelafrika vorkommende Hyphaene thebaica (Dum-Palme) mit einem stark verzweigten Stamm und die in ganz Südostasienhäufige Areca catechu, die Betelnußpalme. Ihre rotbraunen Samen ("Betelnüsse") sind alkaloidreich (Arecolin u.a.) und reich an Gerbstoffen und ätherischen Ölen. Das Kauen der Betelnüsse (eingewickelt in mit Kalk bestrichene Blätter von Piper betle soll belebende Wirkung haben. In Indien und anderen Teilen Südostasiens ist das Betelkauen weit verbreitet. Betelkauer fallen durch eine rotorange Verfärbung ihres Zahnfleisches auf.


Dum-Palmen (Hyphaene thebaica) nahe Maga in Kamerun. Das Haus im Vordergrund entspricht der traditionellen Bauweise der Mousgoum, die im Bereich südlich des Tschad-Sees leben.


Cyclanthales

Die Cyclanthales sind süd- und mittelamerikanische Kräuter, die meist epiphytisch leben, gelegentlich sind es Sträucher oder Lianen, die ihre Adventivwurzeln zum Klettern nutzen. Ihre Blätter ähneln denen der Palmen. Junge Blätter von Carludovica sind das Rohprodukt zum Flechten von Panamahüten. Die Cyclanthales kommen in tropischen Regenwäldern vornehmlich entlang der Wasserläufe vor.


Pandanales

Die bekanntesten Arten der Pandanales sind die Schraubenbäume (Pandanus-Arten) aus der Familie der Pandanaceae. Ihre linearen Blätter stehen in drei schraubig gedrehten Zeilen, Auffallend sind ferner die reichlich ausgebildeten, oft dichotom verzweigten Adventivwurzeln, die als Stelzwurzeln fungieren. Die Pandanales sind auf die Tropen der Alten Welt beschränkt, wo sie besonders in der Strandvegetation hervortreten. Die Blütenstände von Freycinetia cumingiana sind von zwei Hochblattkränzen umgeben, die ihrerseits die Form einer Blüte imitieren. Freycinetia ist diözisch, männliche und weibliche Blütenstände sind auf unterschiedlich dicken Zweigen lokalisiert.

Velloziaceae: Eine kleine Familie, vorwiegend in Trockengebieten Südamerikas, im tropischen und subtropischen Afrika und in Madagaskar beheimatet. Vellozia splendens



Arales

Die beiden Familien der Arales (Araceae und Lemnaceae) sind durch Bau der Blüte und der vegetativen Organe sowie ihre ökologischen Ansprüche klar voneinander unterschieden.

Araceae: Die Araceae oder Aronstabgewächse sind Rhizom- oder Knollenstauden mit oft netznervigen Blattadern und eingeschlechtigen oder zwittrigen, in einem vielblütigen Kolben vereinten Blüten. Der Blütenstand ist von einer auffallend gefärbten Spatha umgeben. Die Früchte sind Beeren. Arum maculatum (Aronstab) ist eine in schattigen, feuchten Laubwäldern vorkommende Art, die durch unangenehmen Geruch auffällt. Ihre Bestäuber sind kleine Fliegen und Mücken, die olfaktorisch (durch den Gestank) angelockt und in einem von der Spatha gebildeten Kessel zeitweilig gefangen gehalten werden. Das Gynoeceum reift vor dem Androeceum.
BLÜTENDIAGRAMM
Acorus

© S. LIEDE

Während die Pflanze die weibliche Phase durchläuft, ist ein Entkommen ausgeschlossen. Die glatte Innenwand der Spatha verhindert ein Herauskrabbeln (Gleitfallenblume), ein Haarkranz das Herausfliegen (Kesselfallenblume). Erst nach dem Reifen der Antheren schrumpft das "Gefängnis", und die mit Pollen beladenen Insekten können ausfliegen, die nächste Blüte besuchen und sie bestäuben.

Zahlreiche Araceen-Gattungen tropischer Herkunft werden als Zierpflanzen kultiviert. Genannt seien Zantedeschia aethiopica (Calla) mit leuchtend weißer Spatha, dann Amorphophallus titanum (Titanwurz) aus Sumatra, Borneo und benachbarten Inseln, deren Infloreszenz zwei bis fünf Meter hoch werden kann sowie die als Zimmerpflanzen kultivierten Arten der Gattungen Dieffenbachia und Philodendron mit ihren bei vielen Arten charakteristisch durchlöcherten (gefensterten) Blättern.

Lemnaceae: Die Lemnaceae oder Wasserlinsengewächse sind frei schwimmende, zuweilen untergetauchte, nicht in Sproß und Blatt gegliederte, sich in Europa ausschließlich vegetativ vermehrende Pflanzen, die aus flachen oder gewölbten, durch Sprossung sich teilenden, oft aber noch lange Zeit miteinander verketteten Gliedern bestehen. Sofern überhaupt Blüten ausgebildet werden, sind sie eingeschlechtig, apetal und in einer kleinen, meist von einer Spatha umhüllten Infloreszenz enthalten. Bekannte Gattungen sind Lemna, Spirodela sowie die bereits genannte Wolffia. Letztere ist wurzellos. Lemna und Spirodela besitzen pro Glied ihres Vegetationskörpers eine bzw. mehrere ins Wasser hängende Wurzeln.



Abbildungen aus: O. W. THOMÉ, - Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz (1885 - 1905)
digitale Bearbeitung und © Kurt Stüber MPI für Züchtungsforschung.- Kurt Stübers online library of historic biological books


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