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Gentianales


Die Gentianales enthalten meist iridoide Verbindungen, meist auch das eine oder das andere Alkaloid. Die oft ungeteilten, ganzrandigen Blätter stehen üblicherweise gegenständig oder in einer Rosette. Die Leitbündel sind fast immer bikollateral, und die Blüten sind radiärsymmetrisch. Der Ordnung gehören 5500 Arten in sechs Familien an, vier von ihnen werden hier behandelt. Die beiden artenreichsten, Apocynaceae und Asclepidiaceae, enthalten je etwa 2000 Arten, die Gentianaceae 1000 und die Loganiaceae 500.

Loganiaceae: Die Loganiaceae sind die primitivsten Vertreter der Gentianales. Die meisten Arten - Bäume, Sträucher, Lianen - kommen in den Tropen, den Subtropen und den gemäßigten Zonen vor, doch ist trotz weiter Verbreitung keine von ihnen wirklich häufig. Einige Arten enthalten extrem toxische Indolalkaloide. Aus Strychnos nux-vomica wird Strychnin gewonnen; die Rinde von Strychnos-Arten (Strychnos toxifera und Strychnos castelnaei) ist reich an Curarewirkstoffen. In vielen Arten sind Iridoid-Glykoside, z.B. das Loganin nachweisbar, die als Schlüsselsubstanzen der Biosynthese von Indolalkaloiden galten.


Gentianaceae: Die Gentianaceae oder Enziangewächse sind weit verbreitet, es sind annuelle Kräuter oder perennierende Stauden. Die Pflanzen sind reich an Bitterstoffen. Manche Arten leben fakultativ in Symbiose mit Mykorrhiza-Pilzen. Eine obligate Symbiose (Mycotrophie) kommt nur bei wenigen parasitisch lebenden Arten mit reduzierten, weitgehend chlorophyllfreien Blättern vor.

Die meist blauen, gelben oder violetten trichter- oder glockenförmigen Blüten stehen einzeln oder in kleinen Infloreszenzen. Bemerkenswert ist die gedrehte Knospenlage der Blütenblätter. Die Blätter von Hochgebirgsarten - und denen in arktischen Zonen - stehen meist in bodenständigen Rosetten. Die bedeutendsten einheimischen Gattungen sind Gentiana (Enzian), von der etwas über 20 Arten vornehmlich in den Alpen verbreitet sind und Centaurium (Tausendgüldenkraut). Gentianin ist der Prototyp der hier vorkommenden sekundären Pflanzenstoffe.


Apocynaceae: Die Apocynaceae sind eine große pantropische Familie. Ihr gehören einige der größten Regenwaldbäume an, andere Arten sind strauchig, Lianen oder Kräuter. Wegen ihrer auffallenden Blüten gehören Arten vieler Gattungen zur Dekoration von Gärten und Anlagen in tropischen und subtropischen Breiten sowie im mediterranen Bereich. Eine weitere bekannte Gattung ist Vinca (Immergrün). Vinca-Arten sind am Grunde etwas verholzte Stauden mit immergrünen, gegenständigen Blättern und blauen Blüten, deren Blütenzipfel, wie bei allen Apocynaceen, an ihren Enden gedreht sind.


Vinblastin, Indol-Alkaloide

Viele Apocynaceen sind für ihre artspezifischen, oft toxischen Inhaltsstoffe bekannt. Die im tropischen Asien vorkommende Rauvolfia serpentina enthält in ihren Wurzeln Alkaloide mit blutdrucksenkender und halluzinogener Wirkung (Reserpin, Serpentin), vergleichbare Substanzen kommen in allen Arten dieser Gattung vor. Vinca-Arten enthalten Vinblastin, ebenfalls ein Alkaloid, das die Polymerisation von Tubulin zu Mikrotubuli unterbindet und daher in der experimentellen Zellforschung regelmäßig eingesetzt wird.

Strophanthus-Arten (in Äquatorialafrika vorkommende Lianen) akkumulieren in ihren Blättern und Samen herzwirksame Glykoside: Strophanthin u.a. Blätter der mediterranen Art Nerium oleander (Oleander) enthalten ein weiteres Glykosid, das Oleandrin. Apocynaceen kommen in den unterschiedlichsten Habitaten vor, ihre Wuchsformen sind dementsprechend variabel.

Asclepiadaceae: Auch dieser Familie gehören Arten an, die man wegen ihrer Inhaltsstoffe nennen könnte. Hier sollen sie jedoch wegen ihrer besonderen Art der Bestäubung behandelt werden. Die Pollenkörner sind nämlich zu einem Pollinium verklebt, sie werden daher als Paket übertragen. In dem Zusammenhang ist erwähnenswert, daß auch die Zahl der Samenanlagen außergewöhnlich hoch ist. Der Witz hierbei, wie z.B. auch bei der Bestäubung der Orchideen, ist folgender: Bei so komplexen Pollenübertragungssystemen muß der - statistisch gesehen - hohen Seltenheit einer erfolgreichen Pollenübertragung durch hohen Samenansatz infolge eines einmaligen Aktes Rechnung getragen werden.

Asclepiadaceen sind weit verbreitet, so auch in vielen Trockengegenden. Neben solchen mit epiphytischer Lebensweise (Dischidia) kommen stammsukkulente kakteenähnliche (Stapelia) vor. Hoya carnosa (Wachsblume) sollte man vom Botanischen Anfängerpraktikum oder als Zimmerpflanze kennen. Vincetoxicum hirundinaria (= Cynanchum vincetoxicum), die Schwalbenwurz, ist die einzige in Mitteleuropa verbreitete Art. Ihre gelblich weißen Blüten stehen in achselständigen Trugdolden. Trugdolden und echte Dolden sind übrigens auch die Blütenstände vieler anderer Asclepiadaceen.


Stapelia spec. Diese südafrikanische Gattung zeichnet sich durch Blattreduktion und kakteenähnliche Stammbildung aus (Auf.: B. HANSEN)


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