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Holz der Angiospermen


Angiospermenholz in typischer Ausprägung findet man fast nur bei Dikotyledonen. Ansätze einer Holzbildung kommen bei einigen Monokotyledonenarten vor, der Holzkörper ist jedoch durchweg inhomogen aufgebaut. Im Gegensatz zu der recht übersichtlichen Architektur des Gymnospermenholzes ist das Angiospermenholz komplexer und variantenreicher. Die meisten Hölzer enthalten als Leitelemente Gefäße, und wie wir schon gesehen haben, können sie sehr verschieden gebaut sein. Darüber hinaus kann das Holz einen hohen Anteil an Xylemfasern und Parenchymzellen (letztere bis zu 23 Prozent aller Xylemelemente) enthalten. Auch der Bau der Markstrahlen variiert, sie enthalten zwar fast nur Parenchymzellen, doch deren Ausbildung variiert stark.

Die Unterschiede in Form und Orientierung der Xylemelemente sind aus dem Bau des Kambiums heraus erklärbar. Es gibt keine Pflanzenart mit einem "typischen" Angiospermenholz, vielmehr können die folgenden Variablen als Bestimmungs- und Identifikationsmerkmale einzelner Hölzer herangezogen werden:

An- oder Abwesenheit von Gefäßen.
Verteilung der Gefäße im Gewebe.
Form, Größe und Anordnung der Markstrahlen
Verteilung von axialem Parenchym
Etagierter oder nicht-etagierter Bau Typ der Perforationsplatten in Gefäßen usw.



Umwelteinflüsse führen zu zahlreichen Modifikationen, mit zunehmendem Alter ändert sich die Zusammensetzung des Holzes. Zwei Hauptmuster sind bei der Anordnung der Gefäße erkannt worden:

  1. Zerstreutporiges Holz: Alle Gefäße besitzen annähernd gleichen Durchmesser, sie sind gleichmäßig über jeden Zuwachsring verteilt; der Begriff "porig" bezieht sich hier auf die Gefäßlumina. Beispiele: Acer (Ahorn), Betula (Birke), Liriodendron (Tulpenbaum, eine Magnoliaceae).

  2. Ringporiges Holz: Die Gefäße haben unterschiedlich große Durchmesser, weitlumige treten vorrangig im Frühjahr auf. Im Herbst werden fast nur noch Xylemfasern angelegt. Dieses Muster gilt als hochspezialisiert. Es wurde bei nur wenigen Arten der nördlichen gemäßigten Zone nachgewiesen. Beispiele: Castanea (Kastanie), Fraxinus (Esche), Robinia und bestimmte Quercus (Eichen)-Arten.

Neben den klar ausgeprägten Formen kommt eine Menge unterschiedlicher Übergangsformen vor. Ringporiges Holz leitet Wasser fast ausschließlich in der äußeren Zuwachszone. Im Frühjahr erfolgt die Bildung der Gefäße rascher, der Wasserfluß ist etwa 10mal so hoch wie bei zerstreutporigem Holz.

Bei vielen tropischen Arten unterbleibt eine Jahresringbildung. So findet man keinerlei Anzeichen hierfür bei 75 Prozent aller Bäume im indischen Regenwald, bei 45 Prozent der Bäume im Amazonasbecken und bei 15 Prozent derer Malaysias. Auch Pflanzen trockener Standorte, deren Wurzeln aber ständig Kontakt zum Grundwasser haben (z.B. Tamarix articulata, Acacia raddiana, Acacia tortilis), weisen eine über das ganze Jahr konstante Aktivität auf. Verpflanzungsversuche ergaben, daß der Rhythmus der Kambiumaktivität bei einigen Arten erblich ist, bei anderen vornehmlich durch äußere Faktoren gesteuert wird.

Die Gefäße sind seitlich (lateral) miteinander verknüpft (Stoffaustausch über Tüpfel), wobei sich die Kontakte bei einigen Arten auf Gefäße einer Wachstumszone beschränken, bei anderen sich über mehrere erstrecken. Xylemfasern sind in den meisten Angiospermenhölzern reichlich vertreten. In ringporigen sind sie im Spätholz vorherrschend. Bei einigen Arten enthalten sie lebende Protoplasten, die üblicherweise als Stärkespeicher dienen. Dieser Organisationstyp gilt als fortschrittlich. Auffallend ist das damit korrelierte Fehlen oder die geringe Anzahl axialer Parenchymzellen.


Markstrahl in einem Radialschnitt (Platanus acerifolia).
Siehe auch: Markstrahlansichten in Querschnitten und in Tangentialschnitten

Markstrahlen: Sie enthalten nur ausnahmsweise Tracheiden, ansonsten bestehen sie aus Parenchymzellen, deren Längsachsen entweder in radialer oder in axialer Richtung orientiert sind. Neben einschichtigen kommen mehrschichtige Markstrahlen vor.

Wie das Gymnospermenholz ist auch das Angiospermenholz von zahlreichen Interzellularen durchsetzt, deren Struktur, Entstehung und Inhalt jedoch variabler gestaltet sind. Neben Kanälen findet man oft Kavernen (Höhlungen), die Harze, Öle, Gummi oder Schleime enthalten. Ihre Wandungen können aus parenchymatischen Zellen bestehen, können aber auch fehlen. Die Interzellularen entstehen entweder wie bei den Gymnospermen durch Auseinanderweichen oder durch Reißen von Zellen; gummiähnliche Substanzen werden oft erst nach einer Degeneration der Zellen abgesondert. Dadurch werden häufig auch benachbarte Gefäße aufgefüllt und außer Funktion gesetzt. Die Gummibildung kann durch Infektionskrankheiten, Schädigungen durch Insekten oder durch physiologische Störungen hervorgerufen werden.

Die Struktur und die Anordnung der Xylemelemente bestimmt die Festigkeit, die übrigen physikalischen Eigenschaften von Holz und damit natürlich auch seinen wirtschaftlichen Wert. Ein wichtiges, doch nicht ausschließliches Indiz für die Festigkeit ist das spezifische Gewicht. Bei getrocknetem (wasserfreiem) Holz hängt es ausschließlich von der Masse des Zellwandmaterials pro Volumeneinheit ab. Das Gewicht reiner Wandsubstanz beträgt 1,4-1,62 g / cm3; die Wandsubstanz im Gewebeverband wiegt 0,04-1,4 g / cm3. Der Wert 0,04 wurde für Holz einer Leguminose (Aeschynomene) ermittelt, der Wert 1,4 für eine Art aus der Familie der Rhamnaceae (Krugiodendron). Die Unterschiede beruhen auf der Art der Gewebekonstruktion und den relativen Anteilen der einzelnen Xylemelemente.

Xylemfasern mit dicken Wänden und engen Lumina tragen zur Erhöhung des spezifischen Gewichts bei, weitlumige Gefäße mit dünnen Wänden zu einer Reduktion. Andererseits wird die Festigkeit durch Xylemfasern erhöht, durch Gefäße geschwächt. Ringporige Hölzer sind wegen der Konzentration der Gefäße auf definierte Zonen gegen gewisse Belastungen weniger widerstandsfähig als Hölzer mit diffus verteilten Gefäßen. Das berühmte und erstaunlich stabile Balsaholz (Ochroma pyramidale, eine Art aus der Familie der Bombacaceae) hat ein spezifisches Gewicht von 0,1-0,16 g / Kubikzentimeter. Dies geringe Gewicht beruht u.a. auf einem hohen Anteil großer dünnwandiger Parenchymzellen.

Im allgemeinen können leichten Hölzern zwei Konstruktionsprinzipien zugrunde liegen. Entweder wechseln Schichten aus dickwandigen und dünnwandigen Zellen einander ab oder beide Zelltypen sind statistisch verteilt und formen damit ein strukturell homogenes Gewebe.


Holz der Monokotyledonen

Der Bau des Holzes der Monokotyledonen unterscheidet sich grundsätzlich von dem der Dikotyledonen. Durch extrem feste, englumige Fasern verstärkte Gefäßbündel sind in ein voluminöses Parenchym, bestehend aus regelmäßig angeordneten, weitlumigen Parenchymzellen eingebettet. Monokotyledonenholz ist nach dem Prinzip "Stahlbeton" gebaut, das ihm eine hohe Biegefestigkeit verleiht. Man denke dabei nur an den Bambus und die hohen schlankstämmigen Palmen, die auch stärksten tropischen Stürmen widerstehen, oder an die lianenartige Rotangpalme, aus deren Holz Rattanmöbel hergestellt werden. Gymnospermenholz hingegen ist nach dem "Backsteinbauprinzip" konstruiert. Kein Wunder, daß das Holz der Fichte oder der Kiefer leicht splittert. Dikotyledonespezifisches sekundäres Dickenwachstum kommt nicht vor, dafür bei einigen Arten, z. B. dem Drachenbaum ein sog. "atypisches Dickenwachstum"


Leitbündel in Wurzeln

Die Leitbündel in Wurzeln sind im Vergleich zu denen im Sproß relativ einfach konstruiert und variantenarm. Als einer der Gründe wird die im Vergleich zu oberirdischen Anforderungen weniger variable Umwelt genannt. Xylem- und Phloemelemente sind zu einem zentral gelegenen, marklosen Strang zusammengefaßt. Die Dikotyledonenwurzel wird immer wieder als Grundtyp herausgestellt und besprochen. Die Monokotyledonenwurzel unterscheidet sich, was den primären Bau betrifft, nur unwesentlich, so daß hier eine gesonderte Abhandlung entfallen kann. Dikotyledonenwurzeln vieler Arten (Holzpflanzen, perennierende [= ausdauernde, mehrjährige] Arten) sind zu sekundärem Dickenwachstum befähigt, Monokotyledonenwurzeln sind, von wenigen Ausnahmen (Dracaena u.a.) abgesehen, dazu nicht in der Lage.

In der Regel besteht der primäre Leitbündelzylinder aus radial angeordneten Xylemelementen (Xylemsträngen) und peripher liegendem Phloem. Die Leitelemente sind von zwei konzentrischen Hohlzylindern aus parenchymatischem Gewebe, dem Perizykel und der Endodermis umgeben. Der Perizykel fehlt in Wurzeln einiger einfacher Wasserpflanzen und bei einigen Parasiten. Das Ganze ist in großzelliges Parenchym (primäre Rinde) eingebettet.

Die Radialwände der Endodermis sind durch charakteristische, 1865/66 von CASPARI entdeckte Verdickungen gekennzeichnet (Casparische Streifen). Diese Wandverstärkungen enthalten Lignin, Suberin, andere inkrustierende Substanzen, und oft auch phenolische Oxydationsprodukte, die ihnen eine dunkle Farbe verleihen. Die Endodermis gilt zwar als eine für Wurzeln typische Zellschicht, kommt aber vielfach auch in oberirdischen Sprossen vor, wo sie, wie in der Wurzel, an der Peripherie der Leitbündelzone (auch dort spricht man eigentlich vom Leitbündelzylinder) lokalisiert ist. In Sprossen einiger Farne umgibt die Endodermis einzelne Leitbündel.

Die Verwandtschaft der Leitbündelanordnung in Wurzel und Sproß wird durch die Stelärtheorie anschaulich gemacht. Diese geht u.a. davon aus, daß Wurzel und Sproß lediglich zwei Teile einer Achseneinheit sind. Doch ein immerwiederkehrendes Problem ist die Frage nach der Umorganisation der Leitbündelstränge in der Übergangszone zwischen den beiden Organen. Korrekterweise dürfte man aber gar nicht von Wurzel-Sproß-Übergang sprechen, denn die beiden sind durch Epi- und Hypokotyl voneinander getrennt. Während der Embryonalentwicklung entstehen diese zuerst, und erst nachfolgend werden Sproß und Wurzel angelegt. Während dieser frühen Phase werden im Bereich des Epi- oder Hypokotyls Leitbündel gebildet, die sich vom Initiationspunkt aus simultan sowohl in Richtung Wurzel als auch in Richtung Sproß verlängern und dabei die jeweils organspezifische Organisation annehmen.

Sekundäres Dickenwachstum kommt, wie schon beschrieben, in der Wurzel vieler Dikotyledonen vor. Das Kambium entsteht dabei in der Regel sekundär aus parenchymatischen Zellen, die während des primären Wachstums zwischen den Xylemstrahlen angelegt werden; es wird ergänzt durch Perizykelzellen, so daß sich schließlich ein homogener Kambiumzylinder herausbildet. Als Folge des sekundären Dickenwachstums reißen Perizykel und Endodermis. Die dabei entstehenden Lücken werden von zusätzlichen, durch Teilung entstandenen Parenchymzellen aufgefüllt. Wie bei Sprossen wird auch in der Wurzel sekundäres Abschlußgewebe gebildet (Phelloderm, Phellogen, Phellem).

Trotz der vielen prinzipiellen Gemeinsamkeiten in der Organisation der Leitbündel von Wurzel und Sproß gibt es einige fundamentale Unterschiede: Die Bildung der Leitbündel im Sproß ist in der Regel unmittelbar mit der gleichzeitigen Anlage von Blättern oder Seitenzweigen verknüpft, die Bildung neuer Leitbahnen geht vom Apikalmeristem aus. Anders bei den Wurzeln: Seitenwurzeln entstehen aus Zellen des Perizykel; die Anlage wächst von innen nach außen. Erst in einem zweiten (unabhängigen) Differenzierungsschritt wird der Kontakt der neu gebildeten Leitbündel zur Primärwurzel (= Pfahlwurzel) hergestellt. Auch Seitenwurzeln können sich erneut verzweigen. Man kommt dann zu Seitenwurzeln 2., 3...5... Ordnung.

Im Gegensatz zu den Blättern sind die Seitenwurzeln, rein morphologisch betrachtet, zentralsymmetrisch gebaut (Ausnahmen: z.B. Seitenwurzeln der Kalanchoe), während Blätter und Blattstiele üblicherweise dorsiventral sind. Physiologisch scheint eine Dorsiventralität jedoch auch in Seitenwurzeln vorzuliegen (siehe dazu Geotropismus).

Bekanntlich haben Wurzeln zwei, in gewisser Hinsicht entgegengesetzte Aufgaben. Einmal dienen sie der Verankerung der Pflanze im Boden, zum anderen der Wasser- und Nährstoffaufnahme. Die Verankerungsfunktion erfordert, daß Wurzeln besonders zugfest und mit Verstärkerelementen (z.B. Verholzung, Fasern im Phloem usw.) durchsetzt sein müssen. Hierzu trägt das schon besprochene sekundäre Dickenwachstum maßgeblich bei. Andererseits wird durch Verholzung und Ausbildung von Rindenschichten die Wasseraufnahmerate gemindert. Daher hat sich auch in Wurzeln das Prinzip der Arbeitsteilung durchgesetzt. Gerade bei mehrjährigen (perennierenden) Exemplaren kommen an den Enden stark verholzter Primär- und Seitenwurzeln wenig oder unverholzte, kurzlebige Verzweigungen vor, die man als Nährwurzeln bezeichnet. Andererseits sind auch die sekundären Abschlußgewebe nicht völlig wasserundurchlässig; inwieweit sie an der Nährstoffaufnahme beteiligt sind, ist jedoch nicht hinreichend geklärt.

Neben den Primär- und Seitenwurzeln findet man bei vielen Mono- und Dikotyledonen sogenannte Adventivwurzeln. Sie entspringen den verschiedensten Teilen des Sprosses oder der Wurzel selbst. So besteht z.B. das Wurzelsystem vieler Gräser nahezu atsschließlich aus Adventivwurzeln (H. v. GUTTENBERG, Universität Rostock, 1940). Vielfach werden die Wurzeln oder ihre Teile einschließlich des Hypokotyls als Speichergewebe genutzt. Das parenchymatische Gewebe der primären Rinde (und des Xylems und Phloems) schwillt an, zahlreiche Zellteilungen finden statt. Der dabei entstehende Speicher wird sekundär durch Leitbündel versorgt.


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