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Aquatische Ökosysteme



70 Prozent der Erdoberfläche sind von Wasser bedeckt. Allein schon deshalb ist es notwendig, sich intensiv mit aquatischen Ökosystemen auseinanderzusetzen. Man unterscheidet zwischen Süß- und Salzwasser sowie zwischen stehenden und fließenden Gewässern. Obwohl die stehenden Süßwasserreservoirs (Seen) prozentual nur den geringsten Flächenanteil ausmachen, sind sie weit besser bearbeitet worden als jedes der anderen Systeme. Das liegt zum einen an ihrer Überschaubarkeit, zum anderen daran, daß man sie als quasi-geschlossene Systeme betrachten kann, deren Entwicklung über längere Zeiträume hinweg verfolgt werden kann, Flüsse sind dagegen Durchlaufsysteme.

Die Ökosystemforschung der Binnengewässer ist die Limnologie, die der Meere die Ozeanographie. Wie in jeder wissenschaftlichen Teildisziplin, so hat sich auch hier eine eigenständige Terminologie etabliert, daher zunächst einige Definitionen (zum Vergleich siehe auch Störung eines Gleichgewichtes): Aufgrund ihrer Lebensweise unterscheidet man zwischen den frei im Wasser lebenden planktischen Organismen (Plankton) und den festsitzenden, benthisch lebenden (Benthos). Zur Charakterisierung der Lebensräume wird zwischen der Freiwasserzone (Pelagial), der Bodenzone (Benthal) und der Uferzone (Litoral) unterschieden. Nährstoffarme Gewässer heißen oligotroph, nährstoffreiche eutroph.

Die vom Tageslicht durchleuchtete, relativ warme und gut durchlüftete Oberflächenzone ist das Epilimnion, der darunter liegende, sauerstofflimitierte Bereich kalten Wassers ist das Hypolimnion. Wegen der großen Dichteunterschiede zwischen kaltem und warmem Wasser kommt es im Sommer (!) kaum zu einem Wasseraustausch zwischen oben und unten (kein vertikaler Austausch). Die Grenze zwischen beiden Zonen ist daher durch einen drastischen Temperaturabfall (Sprungschicht) markiert. Die Schichtung ist für eutrophe Seen typisch, in oligotrophen ist sie nur schwach oder gar nicht vorhanden. Dazwischen wären die nur schwach eutrophen, teilweise geschichteten Seen anzusiedeln.

Algen, einschließlich der Blaualgen, machen den Hauptanteil der Primärproduzenten aquatischer Ökosysteme aus. Höhere Pflanzen sind meist auf das Litoral beschränkt, wobei eine markante, von der Wassertiefe abhängende Zonierung erkennbar ist. Üblicherweise wird dabei zwischen Röhrichtgürtel, Schwimmblattgürtel und Gürtel der submers lebenden Wasserpflanzen unterschieden.


Die Algen des Pelagials (Phytoplankton) sind meist einzellig oder zu wenigzelligen Kolonien vereint. Um einem Absinken entgegenzuwirken, sind sie vielfach von voluminösen Gallerten umgeben; oft enthalten sie öl- oder gashaltige Vakuolen oder tragen ausladende Schwebefortsätze. Auffälligerweise sind diese bei marinen Algen stärker als bei den Süßwasseralgen ausgeprägt, obwohl der Auftrieb im Salzwasser höher als im Süßwasser ist. Zahlreiche Phytoplankter sind begeißelt und können sich aufgrund phototaktischen Verhaltens dicht unterhalb der Wasseroberfläche sammeln. Das Leben der Süßwasserorganismen wird vornehmlich durch folgende Parameter beeinflußt:

Die Analyse aquatischer Ökosysteme begann wie die der terrestrischen mit Bestandsaufnahmen. Ende des letzten Jahrhunderts wurden die ersten Artenlisten erstellt, und schon sehr früh wurde gesehen, daß sich die Artenzusammensetzung im Jahreszyklus ändert und daß bestimmte Arten in gewissen Zeiträumen dominieren und dadurch auffallende Wasserblüten hervorrufen können.

Die Bedeutung der anorganischen und physikalischen Parameter wurde in zunehmendem Maße erkannt, die relevanten Größen wurden kontinuierlich registriert, so daß heute, zumindest von einigen (wenigen) Seen, mathematische Modelle erstellt werden können, die die Abläufe im Jahresgang simulieren. In Deutschland sind vor allem der Plußsee, nördlich von Plön gelegen, und einige der übrigen Seen der ostholsteinischen Seenplatte sowie der Bodensee unter laufender Beobachtung; in den USA ist es unter anderem der Lake Mendota, an dessen Ufer der Campus der University of Wisconsin, Madison, liegt. Zur Veranschaulichung der Problematik und der Arbeitsweise werden im folgenden einige der durch Bearbeitung des Plußsees gewonnenen Ergebnisse präsentieren.


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