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Malvales


Im Gegensatz zu den Theales ist diese Ordnung in sich relativ homogen. Fraglich ist nur, welchem anderen Taxon sie phylogenetisch am nächsten steht. Vermutlich ist es unter den Vorfahren der Theales zu suchen. Vier der fünf Familien enthalten überwiegend holzige Arten (Sträucher, Bäume), eine, die Malvaceae, vorwiegend krautige.

Die Blüten sind meist radiärsymmetrisch. Bei Tilia ist der Infloreszenzstiel mit ihrem flügelartig gestalteten Vorblatt verwachsen, das als Flugorgan des Fruchtstands dienen kann. Die Grundzahl der Blütenorgane ist fünf. Bei den meisten Malvaceen ist ein Außenkelch vorhanden. Häufig sind die Sepalen am Grunde verwachsen. Ein charakteristisches Merkmal der Malvaceae ist die basale Verwachsung der Filamente zu einer Röhre. Man nannte die Malvaceen daher früher auch Columniferae (=Säulentragende). Primär sind wohl zwei Staubblattkreise vorhanden, die Zahl der Stamina ist jedoch vielfach durch zentrifugale Vermehrung erhöht.

Typisch sind die trichomatischen Nektarien, die meist an der Basis der Sepalen lokalisiert sind. Die Tilia-Arten (Linden) und viele Malvaceen sind daher gute Honigquellen. Die Früchte vieler Malvales sind Kapseln oder Beeren. Die Samen einiger Arten sind dicht behaart.

Den Malvales gehören fünf Familien an. Zahlreiche Vertreter sind bekannte, vor allem tropische Nutz- und Zierpflanzen. Die Familien und deren ungefähre Artenzahlen:

Elaeocarpaceae (400 Arten)
Tiliaceae (450 Arten)
Sterculiaceae (1000 Arten)
Bombacaceae (200 Arten)
Malvaceae (1500 Arten)

Tiliaceae: Die Tiliaceen sind vornehmlich in den Tropen Südamerikas, Afrikas und Südostasiens verbreitet, es sind vor allem Bäume. Wenige Arten kommen auch in den gemäßigten Zonen vor. Für die heimische Flora sind die Winter- und Sommerlinde (Tilia cordata und Tilia platyphyllos) typisch, die in lichten Laubwäldern vorkommen.

Bezüglich der Bestäubung der Tilia-Arten ist bemerkenswert, daß neben der Entomophilie die Anemophilie eine gleich große Rolle spielt. Das Holz der Linden ist relativ weich und gut zu verarbeiten; es wird daher oft für Schnitzarbeiten genutzt. Die artenreichste Tiliaceen-Gattung ist Grewia, mit den Verbreitungsschwerpunkten in Afrika, Asien und Australien. Seit einigen Jahren erfreut sich die Zimmerlinde (Sparrmannia africana) aus Südafrika als Topfpflanze steigender Beliebtheit.

Zu den wenigen krautigen Gattungen gehört Corchorus, aus deren Phloemfasern Jute gewonnen wird. Das Hauptanbaugebiet ist das Ganges-Brahmaputra-Delta (Bangladesh).

Sterculiaceae: Die Sterculiaceen umfassen vor allem tropische Bäume. Bekannte Nutzpflanzen sind die afrikanischen Cola-Arten, vor allem aber der aus Mittel- und Südamerika stammende Kakaobaum (Theobroma cacao), dessen fett- und theobrominhaltige Samen das Ausgangsprodukt für Schokolade, Kakaos und der Kakaobutter sind. Ein auffallendes Merkmal des Kakaobaums ist die Kauliflorie der Blüten (bzw.Kaulikarie der Früchte): Blüten und Früchte stehen direkt am Stamm. Die Blüten werden vor allem durch kleine Dipteren (Fliegen) bestäubt.

Bombacaceae: Die meisten Bombacaceen sind Bäume tropischer Regenwälder. Vom Menschen genutzt werden zum einen das Holz von Ochroma pyramidalis (Balsa) sowie das von Ceiba pentandra (Kapok), zum andern die Früchte der südostasiatischen Durio zibethinus (Durianfrüchte). Die Kapokbäume gehören zu den beeindruckensten Bäumen des Regenwalds, die das Kronendach oft überragen.

Aus ihren Stämmen werden auch heute noch Kanus (Einbäume), die Hauptverkehrsmittel auf tropischen Gewässern gebaut, Ceiba enthält in ihren Früchten reichlich Wöllhaare, die allerdings nicht wie bei der Baumwolle von den Samen, sondern von der Fruchtwand ausgehen, sie sind jedoch wie Baumwollhaare leicht zu verarbeiten.

Andere Vertreter der Bombacaceae sind Bewohner trockener Lebensräume, an die sie durch eine flaschenförmige, tonnen- oder eiförmige Erweiterung des Stammes (Wasserspeicher) angepaßt sind. Typische Beispiele hierfür sind Adansonia digitata (Affenbrotbaum oder Baobab), zum anderen Cavanillesia- sowie Chorisia-Arten. Viele Bombacaceen werden von Fledermäusen bestäubt.


Die Baobabs gehören zu den eindrucksvollsten Erscheinungen der Savannenlandschaften im Süden Afrikas


Malvaceae: Die Malvaceen sind die artenreichste Familie der Malvales. Wenige Arten (z.B. Malva sylvestris) gehören zur heimischen Flora, oft sind diese auf Ruderalstellen zu finden. Einige Abutilon- und Hibiscus-Arten werden wegen ihrer auffallenden Blüten als Ziersträucher kultiviert: Hibiscus sabdariffa liefert den Hibiscus-Tee

Die bekannteste Nutzpflanze ist die Baumwolle (Gossypium). Die angebauten Sorten sind verschiedene, mei3t polyploide Bastarde. Als Ausgangsformen sind zwei Arten aus dem europäisch-asiatischen Raum mit n = 26 Chromosomen (Gossypium arboreum und Gossypium herbaceum) sowie zwei amerikanische Arten mit n = 52 Chromosomen (Gossypium hirsutum und Gossypium barbadense) zu nennen. Neben den Samenhaaren wird auch das Samenöl verwertet. Junge Früchte von Abelmoschus-Arten werden als "Okraschoten" bezeichnet und als Gemüse verwendet.

G. GOTTSBERGER (1972) nimmt an, daß sich die Malvaceae im frühen Tertiär von neotropischen ornithophilen Tiliaceen abgespalten und später zu Chiropterophilie (Fledermausbestäubung) oder Entomophilie (Insektenbestäubung) entwickelt haben.


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