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Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen

Nach: "Prävention: Sicher und Gesund im Labor": Landesunfallkasse der Freien und Hansestadt Hamburg


1. Einteilung und Kennzeichnung von krebserzeugenden Stoffen.

Krebserzeugende Stoffe werden in der Gefahrstoffverordnung in drei Kategorien eingeteilt, diese Einteilung folgt dem Einstufungsprinzip der europäischen Union (EU).

Kategorie 1:

Stoffe, die beim Menschen krebserzeugend wirken.

Aufgrund epidemiologischer Erfahrungen sind für diese Stoffe hinreichende Anhaltspunkte für einen Kausalzusammenhang zwischen Exposition eines Menschen gegenüber dem Stoff und der Entstehung von Krebs vorhanden. Bekannte Stoffe der Kategorie 1 sind z.B. Asbest, Benzol und Vinylchlorid

Der Umgang mit diesen Stoffen ist z. T. untersagt (z.B. Asbest)

Kategorie 2:

Stoffe, die als krebserzeugend für den Menschen angesehen werden sollen.

Die Stoffe haben sich im Tierversuch als krebserzeugend erwiesen; es bestehen hinreichende Anhaltspunkte, daß die Exposition gegenüber diesen Stoffen auch beim Menschen Krebs erzeugen kann.

Beispiele für diese Stoffe sind: Dimethylsulfat, Hydrazin, Äthylenoxyd und Acrylnitril.

Kategorie 3:

Stoffe mit Verdacht auf krebserzeugende Wirkung.

Diese Kategorie besteht aus zwei Untergruppen:

Kategorie 3A:

Stoffe, deren krebserzeugende Wirkung nicht zu einer Einstufung in Kategorie 2 ausreicht. Es handelt sich um toxikologisch gut untersuchte Stoffe, die im Tierversuch erst bei hohen Dosen Tumore verursachen.

Kategorie 3B:

Stoffe, die noch nicht hinreichend untersucht sind. Bei diesen Stoffen geben die vorhandenen Daten Anlaß zur Besorgnis, reichen aber zu einer endgültigen Entscheidung nicht aus. Nach weiteren Untersuchungen ist grundsätzlich sowohl eine Einstufung in die Kategorie 2 als auch eine Herausnahme aus den Krebskategorien möglich.

Auf nationaler Ebene nimmt die MAK-Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beurteilung von Arbeitsstoffen vor. Krebserzeugende Stoffe werden in der MAK-Liste in drei Gruppen unterteilt.

Diese Einteilung entspricht weitgehend den Kategorien der EU. Die Bewertung der krebserzeugenden Stoffe weicht jedoch in Einzelfällen von der EU-Einstufung ab.

Rechtsverbindlich ist die Einstufung der krebserzeugenden Stoffe nach der Gefahrstoffverordnung, in der die Bewertungen der EU übernommen werden.

Alle sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene in die Krebskategorien eingestuften Stoffe sind in der TRGS 905 zusammengefaßt. Beim Umgang mit Gefahrstoffen ist diese TRGS von den Arbeitgebern zu beachten.


2. Grenzwerte für krebserzeugende Stoffe

Für die meisten krebserzeugenden Stoffe ist es nicht möglich, einen arbeitsmedizinisch-toxikologischen Grenzwert zu ermitteln, bei dessen Einhaltung eine Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen werden kann. Da Grenzwerte jedoch zur Festlegung von Arbeitsschutzmaßnahmen und zur meßtechnischen Überwachung erforderlich sind, werden für diese Stoffe technische Richtkonzentrationen (TRK) festgelegt.

Die technische Richtkonzentration orientiert sich am derzeitigen Stand der Technik, an den analytischen Möglichkeiten zur Bestimmung der Stoffkonzentration und an vorliegenden arbeitsmedizinisch-toxikologischen Erkenntnissen. Die Einhaltung der TRK-Werte soll das Risiko einer Beeinträchtigung der Gesundheit vermindern, vermag dieses jedoch nicht vollständig auszuschließen.

TRK-Werte werden als Schichtmittelwerte, bezogen auf täglich achtstündige Exposition und eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 40 Stunden, angegeben.


3. Rechtliche Regelungen für den Umgang mit krebserzeugenden Stoffen

Für den Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen am Arbeitsplatz sind im 6. Abschnitt der Gefahrstoffverordnung spezielle Regelungen enthalten, die den Schutz der Beschäftigten gewährleisten sollen. Die zentralen Forderungen der Gefahrstoffverordnung sind:

Alle im folgenden genannten Maßnahmen für den Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen gelten gleichermaßen für erbgutverändernde Stoffe.

3.1. Gefährdungsanalyse

Vor dem Umgang mit krebserzeugenden Stoffen müssen, soweit dies zumutbar und nach dem Stand der Technik möglich ist, durch weniger gefährliche Stoffe ersetzt werden. Diese Bewertung ist regelmäßig zu wiederholen, spätestens jedoch nach einer Änderung des Arbeitsverfahrhrens und der Expositionsbedingungen.

3.2. Substitutionsprüfung

Krebserzeugende Stoffe müssen, soweit dies zumutbar und nach dem Stand der Technik möglich ist, durch weniger gefährliche Stoffe ersetzt werden. In diesem Zusammenhang kann von der zuständigen Behörde auch eine Änderung der Herstellungs- und Verwendungsverfahren gefordert werden.

3.3. Minimierungsgebot

Wenn ein Einsatz der krebserzeugenden Stoffe nicht möglich ist, muß das Gefährdungspotential durch geeignete technische oder organisatorische Maßnahmen möglichst gering gehalten werden.

3.3.1. Technische Maßnahmen

Krebserzeugende Gefahrstoffe sind nach dem Stand der Technik in geschlossenen Anlagen zu verwenden. Für besonders gefährliche krebserzeugende Gefahrstoffe (§15a Abs. 1 GefStoffV) sind ausschließlich geschlossene Anlagen zugelassen.

Isolierte End- und Zwischenprodukte dürfen krebserzeugende Stoffe als Verunreinigung oder Beimischung nur in Konzentrationen enthalten, die nach dem Stand der Technik unvermeidbar sind.

Ist eine Exposition gegenüber krebserzeugenden Stoffen unvermeidbar, so hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, daß die technische Richtkonzentration unterschritten wird.

3.3.2. Organisation und Gestaltung der Arbeitsbereiche

Die Menge der krebserzeugenden Gefahrstoffe am Arbeitsplatz ist soweit wie möglich zu begrenzen.

Die Zahl der Mitarbeiter in den betreffenden Arbeitsbereichen ist möglichst gering zu halten.

Betroffene Arbeitsbereiche sind von anderen Arbeitsbereichen deutlich abzugrenzen. Der Zutritt ist nur den dort tätigen Mitarbeitern gestattet.

Die Arbeitsbereiche sind mit geeigneten Sicherheitszeichen und dem Zusatz "Essen, Trinken und Rauchen verboten" zu kennzeichnen.

In den Arbeitsbereichen muß eine Reinigung jederzeit möglich sein und regelmäßig durchgeführt wereen.

In die Arbeitsbereiche, in denen mit krebserzeugenden Stoffen umgegangen wird, darf abgesaugte Luft nicht zurückgeführt werden.

3.3.3. Aufbewahrung und Kennzeichnung

Krebserzeugende Gefahrstoffe sind in geeigneten, dichtschließenden und gekennzeichneten Behältern aufzubewahren.

Die Kennzeichnung umfaßt

Die Kennzeichnungspflicht entfällt bei Stoffen, die sich im Produktionsgang befinden, sofern allen beteiligten Arbeitnehmern die Gefährdung bekannt ist.

3.4. Anzeigepflicht

Die Herstellung und Verwendung krebserzeugender Gefahrstoffe ist der zuständigen Behörde (in Hamburg: Amt für Arbeitsschutz) spätestens 14 Tage vor Beginn der Arbeiten anzuzeigen. Eine Anzeige muß die folgenden Angaben enthalten:

Die Anzeige muß wiederholt werden, wenn krebserzeugende Gefahrstoffe

hergestellt oder verwendet werden.

Die Ausnahmen für Lehr- und Forschungsbetriebe gelten jedoch nicht, wenn es sich um eine regelmäßig wiederkehrende Tätigkeit handelt. In diesem Fall muß eine Anzeige erarbeitet und der zuständigen Behörde auf Anfrage vorgelegt werden.

3.5. Beschäftigungsverbote und -beschränkungen

Jugendliche dürfen nur dann mit krebserzeugenden Gafahrstoffen beschäftigt werden, wenn dies zur Erreichung des Ausbildungsziels oder zur Durchführung eines Berufspraktikums erforderlich ist. Es muß sichergestellt sein, daß die Arbeit unter Aufsicht erfolgt und der Grenzwert eingehalten wird.

Werdende Mütter dürfen nur dann mit krebserzeugenden Stoffen beschäftigt werden, wenn sichergestellt ist, daß sie bei bestimmungsgemäßem Umgang den Gefahrstoffen nicht ausgesetzt sind. Dieser Fall liegt dann vor, wenn die Gefahrstoffexposition nicht über die ubiquitäre Luftverunreinigung ("Hintergrundbelastung") hinausgeht.

Stillende Mütter dürfen nur dann mit krebserzeugenden Stoffen beschäftigt werden, wenn der Grenzwert eingehalten wird.


4. Regelungen zum Umgang mit krebserzeugenden Stoffen an der Universität Hamburg

Als Beispiel, wie die bestehenden Vorschriften in die Praxis umgesetzt werden können, sollen die Regelungen vorgestellt werden, die die Universität Hamburg für den Umgang mit krebserzeugenden Stuffen getroffen hat.

http://www.rrz.uni-hamburg.de/ar-um/

Bei der Festlegung der Maßnahmen wurde eine Differenzierung nach der Häufigkeit und Regelmäßigkeit der Arbeiten sowie nach den Einsatzmengen und der Verwendungsart vorgenommen. Dabei kristallisierten sich drei Typen von Verwendungen heraus, für die unterschiedliche Regelungen getroffen wurden.

4.1. Geringe Einsatzmengen ("forschungstypisch"), kurzzeitige und nicht regelmäßige Verwendung:

Der abgegrenzte Arbeitsbereich ist der Abzug.

Das Labor ist durch ein Verbotsschild mit dem Zusatz "Umgang mit krebserzeugenden Stoffen", "Zutritt nur für unterwiesene Personen" gekennzeichnet.

Mitglieder der Arbeitsgruppe haben Zutritt zum Labor, auch wenn sie selbst nicht mit krebserzeugenden Gefahrstoffen nicht denselben Abzug benutzen.

4.2. Geringe Einsatzmengen ("forschungstypisch"), regelmäßig wiederkehrende Verwendung.

Unter dem Begriff "regelmäßig wiederkehrende Verwendung" sind typische, charakteristische Tätigkeiten eines Arbeitskreises oder auch ein übliches, gängiges standarisiertes Arbeitsverfahren zu verstehen.

Der abzugrenzende Bereich ist das gesamte Labor.

Das Labor ist durch ein Verbotsschild mit dem Zusatz "Umgang mit krebserzeugenden Stoffen", "Zutritt nur für registrierte Personen", "Essen, Trinken und Rauchen verboten" gekennzeichnet.

Zutritt zum Labor haben nur die Mitglieder der Arbeitsgruppe, die mit den krebserzeugenden Gefahrstoffen umgehen und die zahlenmäßig an das Amt für Arbeitsschutz angezeigt sind. Die Anzeigepflicht (3.4.) ist zu beachten.

Diese Laboratorien sind mit geeigneten Notfallmitteln zu versehen.

4.3. Technikumsversuche

Das Technikum ist als Arbeitsbereich wie das Labor zu behandeln, in dem regelmäßig Versuche mit krebserzeugenden Stoffen stattfinden; zusätzlich sind hier die Pflicht zur Minimierung der Einsatzmengen und die Anzeigepflicht (3.4.) zu beachten.

Reinigung

Alle Räume, Anlagen und Geräte, die von einem Umgang mit krebserzeugenden Stoffen betroffen sind, sind regelmäßig zu reinigen. Die Reinigung der Anlagen und Geräte wird von den Versuchsausführenden selbst durchgeführt.


Literatur


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