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Einfluß einzelner Arten auf andere; Konkurrenz, Koexistenz


Hier einige Beispiele, mathematische Ableitung an anderer Stelle:

1. Die drei Gramineenarten Alopecurus pratensis, Arrhenatherum elatius und Bromus erectus zum Beispiel sind (wie die übrigen Pflanzen) auf eine bestimmte Menge an Grundwasser angewiesen. Experimentell ließ sich zeigen, daß alle drei Arten bei einer mittleren Grundwassermenge am besten gediehen. In Mischkultur hingegen kommen Alopecurus pratensis und Bromus erectus in diesem Bereich nicht zum Zuge, da die Konkurrenz durch Arrhenatherum elatius zu groß ist.

Wachstum von drei Gramineenarten in Rein- und in Mischkultur. a. Versuchsanordnung. Die Fläche des Beetes (schräge Gerade) ist so geneigt, daß der Grundwasserspiegel relativ zur Oberfläche links höher als rechts liegt. b. Wachstumsoptimum für die drei Arten. c. Wachstumsoptima bei gemeinsamer Aussaat. Konkurrenz führt zu einer grundwasserabhängigen Verteilung. (H. WALTER, 1960, nach H. ELLENBERG, 1952).

In Bereichen, die für das Arrhenatherum-Wachstum ungünstig sind (zu feucht oder zu trocken), gedeihen nunmehr die beiden verdrängten Arten. Jede hat damit ihre ökologische Nische gewonnen. Das Modellexperiment spiegelt die natürlichen Verhältnisse sehr gut wider. Alle drei Arten sind Charakterarten von Wiesengesellschaften. Die Alopecurus pratensis-Wiesen sind im feuchten norddeutschen Tiefland vorherrschend, Arrhenatherum elatius-Wiesen im Bereich der Mittelgebirge, und Bromus erectus ist die Charakterart der Trockenrasen Süddeutschlands (an südlich exponierten Hanglagen).

2. Die Verdrängung von Arten nach Einführung einer weiteren läßt sich am Beispiel der Ausbreitung von Spartina townsendii an der Nordseeküste demonstrieren. Diese Art, in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts an der englischen Küste entstanden, wächst am Rande der Gezeitenzone in einem Bereich, den sich üblicherweise zwei andere Arten teilen. Die durch Gezeiten regelmäßig überflutete Zone wird vom Queller (Salicornia europaea) besiedelt; in der nur sporadisch (durch Spring- und Sturmfluten) überfluteten und durch Sedimentablagerung höher liegenden Zone ist der Andel (Puccinellia maritima), eine narbenbildende Grasart, dominierend. Eine dritte, ich landeinwärts anschließende Zone ist bereits relativ artenreich, der Rotschwingel (Festuca rubra) ist die vorherrschende Charakterart. Wie die nachfolgende Abbildung zeigt, gedeiht Spartina townsendii sowohl in der Salicornia- als auch in der Puccinellia-Zone.


Zonierung der dominierenden Arten bei Schlickablagerung an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste (Nach D. KÖNIG, 1948).

Wegen ihres höheren Durchsetzungsvermögens (schnelleres Wachstum, höhere Biomasseproduktion) hat sie die ursprünglich vorhandenen Arten an vielen Stellen zurückgedrängt. Die Ausbreitung von Spartina townsendii wurde durch den Menschen zunächst begrüßt, zum Teil auch gefördert, denn man erwartete von ihr eine Beschleunigung des Landgewinnungsprozesses. Die Maßnahrne erwies sich jedoch als Fehlschlag, weil Spartina townsendii in turbulentem Wasser (während Sturmfluten) leicht herausgespült wird, die Pflanzendecke damit aufreißt und weiterer Erosion Vorschub leistet.


Spartina townsendii im Watt an der holsteinischen Nordseeküste. Das rechte Bild zeigt den Quellergürtel.


3. Mitteleuropa liegt in der Vegetationszone der sommergrünen Laubwälder. Die häufigsten Arten und deren Standortpreferenzen sind der folgenden Abbildung zu entnehmen. Unter natürlichen Bedingungen sind in Westeuropa Buchenwälder (Fagus sylvatica), in Höhenlagen Tannenwälder (Abies alba) und in Osteuropa Eichen-Hainbuchen-Wälder (Quercus robur und Carpinus betulus) vorherrschend. Der Grund dafür: Im Kontinentalklima des Ostens fehlen ausreichende Frühjahrs- und Sommerregen, die die Buche für optimales Wachstum benötigt. Ihre Dominanz in Westeuropa beruht auf schneller Wüchsigkeit und relativ geringen Ansprüchen an die Bodenqualität. Buchenwälder sind relativ artenarm, die Strauch- und Krautschicht sind nur schwach entwickelt, weil die auf den Boden gelangende Lichtmenge nicht ausreicht. In Buchenwäldern haben sich deshalb vorwiegend solche Arten halten können, deren Vegetationsperiode vor der Laubentfaltung der Buche liegt (Frühjahrsblüher: Anemone nemorosa u.a.). Birke und Kiefer, beides lichtbedürftige Arten, haben in Buchenwäldern keine Chance, die Birke ist jedoch in Biotopen mit hohem Grundwasserspiegel (Staunässe) im Vorteil, denn Buchen können dort nicht existieren.

Verbreitung der häufigsten mitteleuropäischen Baumarten in der submontanen Zone in gemäßigt-subozeanischem Klima in Abhängigkeit von Feuchtigkeit und pH der Böden. Die Größe der Schrift spiegelt in etwa die Beteiligung der entsprechenden Arten an der Baumschicht wider. (Nach H. ELLENBERG, 1981).

Im Gegensatz zu Nadelwäldern findet man in Buchenwäldern am Boden nie eine zusammenhängende Moosdecke; lediglich an erhöhten Stellen (auf Steinen, abgestorbenen Baumresten) kommen Moose vor. Der Grund für das Fehlen ist der herbstliche Laubfall, durch den in kurzer Zeit eine lichtundurchlässige Decke entsteht, die wegen des langsamen Verwesungsprozesses monatelang liegenbleibt und damit den Moosen die Existenzgrundlage nimmt. Die Bodenvegetation in Eichenwäldern ist von der in Buchenwäldern grundsätzlich verschieden. Weil das Kronendach nicht dicht schließt, erreicht Sonnenlicht mosaikartig den Boden. Die ungleiche Lichtverteilung führt zu einer mosaikartigen Verteilung von Pflanzen in der Krautschicht.

In den bisher besprochenen Fällen liegt der Vorteil der dominierenden Art auf ihrer Schnellwüchsigkeit. In anderen Fällen beruht Dominanz auf aktiver Verdrängung konkurrierender Arten. Einige Blaualgen und Algen sezernieren Antibiotika oder antibiotikaähnliche Substanzen ins Medium, um sich im Biotop einen Standortvorteil vor der Konkurrenz zu verschaffen.

Bei höheren Pflanzen kennt man einen solchen Fall von zwei kalifornischen Sträuchern des Chaparral (einer macchienartigen Vegetation): Salvia leucophylla und Artemisia californica, die flüchtige toxische Verbindungen (Cineol und Kampfer) absondern, welche das Wachstum von Kräutern in einem Umkreis von ein bis zwei Metern unterbinden. Damit gewinnen die beiden Arten einen Vorteil vor der Konkurrenz, weil sich ihr Wurzelwerk nunmehr ungestört ausbreiten kann (im Chaparral herrscht Wassermangel!). Da ihr Holz aber leicht brennbar ist und Brände in der Gegend keine Seltenheit sind, steht das Gelände anschließend wieder für Kräuter, die die besseren Pionierarten (Erstbesiedler) sind, zur Verfügung (C. H. MULLER, 1966, 1968, University of California, Santa Barbara).

Unter Walnußbäumen (Juglans regia) können sich kaum andere Pflanzen halten. Aus den verrottenden Blättern von Juglans wird Juglon freigesetzt, eine Substanz, die (im Regenwasser gelöst) nahezu jegliches andere Pflanzenwachstum unterbindet. Es entsteht aus der nichttoxischen Vorstufe, dem Hydrojuglon durch mikrobiellen Abbau.


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