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Ökologische Aspekte; Ökosysteme




" ... (die) Ökologie erforscht die Existenzbedingungen der Organismen, die Abhängigkeit ihrer Lebensweise von der organischen und anorganischen Umgebung, ihren Haushalt, die Wechselwirkungen zu ihren Parasiten, Feinden, Freunden, usw. Je vollkommener der Organismus an sich organisiert, und je spezieller er an eine Gruppe von Existenzbedingungen angepaßt ist, desto wertvoller kann die vergleichende Ökologie desselben auch für die Erkenntnis seiner Deszendenz und der Transformation seiner direkten Ahnen werden." E. HAECKEL, 1894.

Den Begriff Ökologie (Lehre vom Haushalt in der Natur) prägte HAECKEL bereits im Jahre 1866, doch kann er keinesfalls als Begünder dieser Wissenschaftsdisziplin angesehen werden, da man sich bereits seit dem Altertum mit ökologischen Problemen befaßte. THEOPHRASTs Werke enthalten eine Fülle einschlägiger Beispiele. Auch die Geschichte der Landwirtschaft lehrt, daß Erfolge sich erst dann einstellten, als man die Bedeutung von Bodenart und -bearbeitung, Düngung, Bewässerung, den richtigen Zeitpunkt der Aussaat, der Schädlingsbekämpfung u.a. erkannt hatte.

Als ein Musterbeispiel für einen ökologisch sinnvollen Ackerbau in einer vorindustriellen Gesellschaft kann die Dreifelderwirtschaft genannt werden.

Als Beginn planmäßiger ökologischer Forschung wären verschiedene Ansätze zu nennen. Einmal sei an C. GESNERs Beobachtung einer Vegetationszonierung im Gebirge erinnert, zum anderen an die Erkenntnis aus der Zeit der "Entdeckungsreisen", daß die Vegetation in anderen Erdteilen andersartig gestaltet ist. A. v. HUMBOLDT (1769-1859) verfaßte im Anschluß an seine Südamerikaexpedition (1795-1803) im Jahre 1807 eine kleine, aber richtungweisende Schrift mit dem Titel

"Ideen zu einer Geographie der Pflanzen".

Sie enthält, außer einer Beschreibung der Vegetation, eine Fülle von Meßdaten physikalischer und chemischer Größen (Strahlung, Lichtbrechung, geologische Daten, Temperatur, Feuchtigkeit u.a.) Am Chimborazo, einem 6003 m hohen Vulkan, von dem man im letzten Jahrhundert annahm, er sei der höchste Berg der Erde, führte er eine Vegetationskartierung in den einzelnen Höhenstufen durch.

Die Verpflanzungsversuche von G. BONNIER und A. KERNER v. MARILAUN in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zeigten, daß es standortspezifische Wuchsformen gibt. Im Zusammenhang mit dem Thema Evolution haben wir die Ergebnisse ausgiebig diskutiert. Allein dadurch wird deutlich, daß Evolutionsforschung und Ökologie eng miteinander verzahnt und nicht scharf gegeneinander abgrenzbar sind. Wenn man so will, kann man sie als die beiden Seiten einer Münze betrachten. Man könnte allenfalls sagen, die Evolutionsforschung befaßt sich schwerpunktmäßig mit Änderungen genetischer Information und deren Auswirkungen, während man sich in der Ökologie mehr mit der Erscheinung "Selektion" und dem Einfluß von Standortfaktoren auseinandersetzt. Bereits in früheren Themen haben wir uns mit Einflüssen physikalischer und chemischer Größen sowie von Symbionten und Parasiten auf einzelne Pflanzen befaßt und die Entwicklung der Pflanzen als Reaktion auf die verschiedensten Parameter kennengelernt. Untersuchungen dieser Art werden heute üblicherweise unter dem Begriff Autökologie zusammengefaßt. Dem steht die Synökologie gegenüber. Dabei werden Beziehungen zwischen Organismengruppen sowie die Einflüsse der verschiedensten Faktoren auf ganze Lebensgemeinschaften und deren Reaktion (Umsatz, Produktivität, Stoffkreisläufe u.a.) analysiert. Das Verhalten der Individuen, ggf. auch einzelner Arten, wird dabei in der Regel nicht berücksichtigt.


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