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Zingiberidae


Unter dieser Subklasse werden die beiden Ordnungen Bromeliales und Zingiberales zusammengefaßt. Es sind terrestrisch oder epiphytisch lebende Kräuter (Stauden), die auch beträchtliche Dimensionen erreichen können, jedoch kein sekundäres Dickenwachstum aufweisen. Gefäße kommen üblicherweise nur in den Wurzeln vor, doch gibt es einige wenige Arten, bei denen sie im Stamm und/oder in allen vegetativen Teilen zu finden sind. Die Blätter stehen meist gegen- oder grundständig. Sie sind entweder linear und parallelnervig oder deutlich in Stiel und Blattspreite untergliedert und werden durch gefiederte Blattadern versorgt.

Die Infloreszenzen sind oft von einer Anzahl gefärbter Hochblätter umgeben, oftmals stehen diese auch an der Basis von Teilinfloreszenzen. Die Blüten sind zwittrig, manchmal jedoch funktionell eingeschlechtig; sie sind entweder radiär oder in unterschiedlichem Grade zygomorph. Dreizähligkeit ist vorherrschend. Die drei Sepalen sind getrennt oder verwachsen, manchmal petalenähnlich, doch stets anders als jene ausgebildet. Auch die drei Petalen können frei oder verwachsen sein. Sechs Stamina stehen in zwei Kreisen, doch sind nie mehr als fünf von ihnen funktionell, die übrigen sind als Staminodien ausgebildet.

Das Gynoeceum besteht aus drei miteinander verwachsenen Karpellen. Der Fruchtknoten ist ober-, mittel- oder unterständig; die Frucht ist meist eine Kapsel oder Beere; der Samen enthält Endosperm.

Bestäubt werden die Zingiberidae meist von Insekten, Vögeln oder Fledermäusen, selten durch Wind.

Es gibt etwa 3800 Arten, die den bereits genannten, etwa gleich großen Ordnungen angehören. Während die Bromeliales nur die Familie Bromeliaceae enthalten, untergliedert man die Zingiberales in acht Familien. Von verschiedenen Autoren werden die Bromeliales zu den Commelinidae, die Zingiberales zu den Liliidae gestellt, doch beide Ordnungen passen nicht so recht da hin und erschweren die Charakterisierung und Abgrenzung der jeweiligen, ansonsten recht homogenen Gruppen.

Die Zingiberidae würden zu den Liliidae passen, weil sie Septalnektarien besitzen und Gefäße meist nur in den Wurzeln vorkommen. Andererseits ähneln sie den Commelinidae (und unterscheiden sich dadurch von den Liliidae) zum einen durch stärkehaltiges Endosperm (mit zusammengesetzten Stärkekörnern), zum anderen durch unterschiedlich gestaltete Sepalen und Petalen.

Von den beiden Gruppen unterscheiden sie sich durch den Bau der Stomata, denn die Schließzellen sind bei ihnen von vier (und nicht von nur zwei) Nebenzellen umgeben.

ZINGIBERIDAE - Photos: G. CARR - University of Hawaii - Botany Department - Vascular Plant Families

Bromeliaceae Heliconiaceae Zingiberaceae Cannaceae
Strelitziaceae Musaceae Costaceae Marantaceae


Bromeliales

Die Bromeliales / Bromeliaceae oder Ananasgewächse sind terrestrisch lebende Stauden oder Epiphyten. Sie sind im Süden Nordamerikas, in Mittelamerika und dem größten Teil Südamerikas (mit Ausnahme von Südargentinien) verbreitet. Eine Art kommt an der Westspitze Nordafrikas vor. Die Art Tillandsia usneoides (Spanisches Moos) ist so weit verbreitet wie die ganze Familie. Ihr Vegetationskörper besteht aus schnurartigen, wurzellosen Sprossen und ähnelt damit im Habitus einer Bartflechte. Viele Bromeliaceen sind Xerophyten, d.h. an trockene (aride) Habitate angepaßte Pflanzen.

Terrestrisch lebende Bromeliaceen (Pitcairnia, Puya, Ananas) gelten als ursprünglich, epiphytisch lebende (Tillandsia) als abgeleitet. Die oft sehr harten, an den Rändern bedornten Blätter stehen meist in grundständigen Rosetten. In ihnen bilden sich voluminöse Wasserreservoire aus, die bis zu fünf Liter Wasser und Humus ansammeln können. Diese Wasseransammlung stellt eine Mikroumwelt für eine artenreiche Flora und Fauna dar; in ihr wurden neben zahlreichen Kleintierarten, Insekten und Algen, Utricularia und verschiedene Baumfroscharten gefunden. Viele Arten zeichnen sich durch auffallend gefärbte Hochblätter aus.

Die Wurzeln der terrestrischen Bromeliaceen sind nur schwach entwickelt, oft sind Adventivwurzeln vorhanden. Die stets wurzellosen epiphytischen Tillandsia-Arten decken ihren Wasservorrat anders. Ihre Blattoberflächen sind von vielzelligen schuppenartigen Trichomen (die Zellen sind abgestorben) übersät. Sie speichern atmosphärisches Wasser, lebende Zellen entziehen es ihnen aufgrund ihrer osmotischen Aktivität. Damit fallen die Trichome in sich zusammen. Das ist insofern wichtig, als nunmehr die Stomata Kontakt zur Außenwelt erhalten, somit der für die Photosynthese notwendige Gasaustausch erfolgen kann. Wassergefüllte Trichome verhindern ihn. Das mag ein Grund dafür sein, weshalb manche Tillandsia-Arten in permanent feuchter Umgebung (Regenwald) nicht existieren können.

Ananas comosus ist eine in den Tropen und Subtropen verbreitete Nutzpflanze. Von den dreieinhalb Millionen Tonnen jährlich produzierter "Früchte" gelangen nur etwa 30 Prozent in den Export, der Rest wird an Ort und Stelle konsumiert. Die "Ananasfrucht" besteht aus einem zapfenartigen Blütenstand, bei dem Achse und Deckblätter im Verlauf der Fruchtreife fleischig und saftig werden. Wir haben es daher mit einer Sammelfrucht zu tun. Während der Fruchtreife wächst die Achse apical weiter und legt oberhalb der "Frucht" eine neue Blattrosette (einen Blätterschopf) an. Abgetrennt und eingepflanzt entwickelt sich aus ihm eine vollständige Pflanze. Die Blütenstände vieler Bromeliaceen, z.B. von Puya raimondii (aus den Hochanden Perus), können mehrere Meter hoch werden.


Zingiberales

Die Zingiberales sind eine nahezu ausschließlich auf die Tropen beschränkte Ordnung. Es sind meist Kräuter, deren Blätter deutlich in Stiel und Blattspreite untergliedert sind. Die große Blattspreite ist als Adaptation an die hohe Feuchtigkeit und geringe Lichtintensität in tropischen Regenwäldern zu verstehen. Von den acht Familien ist die der Zingiberaceae mit 1000 Arten die artenreichste, gefolgt von den Marantaceae mit 400 Arten. Am bekanntesten sind die Musaceae; ihr Hauptvertreter ist die Banane.

Strelitzia reginae - Achasma megalocheilos, ein blattloser Parasit (Borneo)

Strelitziaceae: Strelitzia reginae, eine aus Südafrika stammende Art, kann heute als Schnittblume in jedem Blumenladen gekauft werden. Ihr Blütenaufbau ist wie folgt zu beschreiben: Die drei äußeren Perigonblätter sind orange gefärbt, eines der inneren ist hellblau. Es wird Labellum genannt und umhüllt Stamina und Griffel. Hinzu kommen zwei weitere Blätter des inneren Perigonkreises, die schuppenförmig ausgebildet sind und Nektarien überdecken. Die Bestäubung erfolgt durch Honigvögel (Nectarina afra). Weitere markannte Arten dieser Familie sind die Heliconia-Arten sowie Ravenala madagascariensis, der "Baum der Reisenden", dessen zweizeilig (distich) angeordnete Blätter wie ein Fächer in einer Ebene angeordnet sind und der in Madagaskar beheimatet ist, sowie die südamerkanische Art Phenacospermum guianense. Dieses Artpaar mit disjunkter Verbreitung ist ein gutes Beispiel für die Aussage, daß der amerikanische und eurasische Kontinent ursprünglich zusammenhingen

Musaceae: Die Musaceae oder Bananengewächse sind große, zum Teil sehr große baumähnliche, immergrüne Stauden. Der "Stamm" besteht ausschließlich aus eng aneinanderliegenden, weitgehend geschlossenen Blattscheiden; er muß daher korrekterweise als Scheinstamm bezeichnet werden. Gefäße kommen nur in den Wurzeln vor. Die Blattspreiten sind außergewöhnlich groß und fast immer durch externe Einwirkungen (Wind, Regen u.a.) an den Rändern eingerissen.

Die leicht dorsiventralen Blüten sind von der Anlage her zwittrig, funktionell jedoch eingeschlechtig. In einer Infloreszenz stehen die weiblichen Blüten basal, die männlichen terminal. Die Blüten enthalten Nektarien. Zu ihren wichtigsten Bestäubern gehören Fledermäuse und Vögel. Die Frucht (Banane) ist eine fleischige Beere, in der die steinigen Samen von festem Exokarp und fleischigem, vielfach zucker- oder stärkehaltigem Endokarp umgeben sind. Der Verbreitungsschwerpunkt und vermutliche Entstehungsort der Familie liegt im Bereich Burma - Neu-Guinea. Man kennt an die 40 Arten, von denen einige wenige (oder Bastarde zwischen ihnen) als Kulturformen der Banane weite Verbreitung gewonnen haben. Sie sind die Hauptobstproduzenten der Lropen und Subtropen. Der Anbau erfolgt meist in Tieflagen oder niederen Hanglagen. Meist werden Bastarde aus Musa acuminata und Musa balbisiana als Obstbananen, und Musa paradisiaea, deren Frucht reich an Stärke ist, als Mehlbananen kultiviert. Die Kulturformen sind in der Regel samenlos, die Pflanzen meist triploid, und ihre Vermehrung in Kultur erfolgt durchweg durch Stecklinge. Eine weitere Kulturpflanze ist Musa textilis, der Lieferant von Manilahanf.

Zingiberaceae: Die Zingiberaceae besitzen dorsiventrale Blüten mit nur einem funktionellen Stamen. Die beiden übrigen sind staminodial ausgebildet, sehen kronblattähnlich aus und sind zu einem Labellum verwachsen, das den Griffel umgibt. Zwei charakteristische Merkmale der Familie: Einmal sind ausgedehnte, fleischige, stärkehaltige, oft verzweigte Rhizome vorhanden, zum zweiten wird ein reiches Sortiment sekundärer Pflanzenstoffe gebildet (Terpene, Phenylpropanverbindungen), deretwegen manche Arten als Gewürz- oder Heilpflanzen genutzt werden. Die Familie ist vorwiegend in Süd- und Südostasien, aber auch in Südafrika und Südamerika beheimatet. Aus den Rhizomen von Curcuma longa und verwandten Arten wird Curry-Pulver gewonnen, aus Curcuma zanthorrhiza eine Droge mit gallentreibender Wirkung, und aus Zingiber officinale der Ingwer.

Marantaceae: Die Marantaceae sind eine kleine tropische Familie. Wegen ihrer dekorativen Blattzeichnungen (Panaschierungen) werden einige Arten bei uns als Zimmerpflanzen gehalten. Bezeichnend ist das Blattmuster von Calathea makoyana und verwandten Arten, denn es gleicht der Projektion eines beblätterten Sprosses auf die Lamina eines Blattes. Unter den Marantaceen gibt es Arten, deren Habitus tatsächlich so aussieht wie das projizierte Muster. Mit anderen Worten: Es gibt in der Familie ein genetisches Programm, das die Bildung des Sprosses, die Anlage der Blätter in bestimmten Abständen, die Wechselständigkeit und die Ausbildung einer breiten Lamina steuert. Bei Calathea makoyana u.a. wird die Morphogenese durch ein anderes Programm gesteuert. Die Blätter sind hier langgestielt und grundständig. Man kann nun darüber spekulieren, wie deren Panaschierungsmuster zu erklären sei. Geht man davon aus, daß ihr Genom (wie das der meisten Angiospermen) mehr nichtexprimierte als exprimierte Gene enthält, ist es sogar wahrscheinlich, daß es auch das Programm (also den Satz an Genen) enthält, das zur Ausbildung des Phänotyps "beblätterter Sproß" (s.o.) benötigt wird. Dieses Programm ist hier offensichtlich von seiner ursprünglichen Funktion entkoppelt und wird zur Ausbildung des Panaschierungsmusters genutzt. Diese Deutung ist zunächst rein spekulativ zu verstehen, sie mag aber als Arbeitshypothese dienen, den eigentlichen molekularen Regelmechanismus zu analysieren. Derartige Entkopplungen und Neukombinationen morphologischer Einheiten sind im Pflanzenreich nicht selten. Die Flexibilität der Genexpression ist die Ursache dessen, was G. L. STEBBINS (1984) Mosaikevolution genannt hat.

Pontederiaceae: Die Pontederiaceae sind schwimmende, wurzellose oder bewurzelte ein- oder mehrjährige Wasserpflanzen. Die Familie ist zwar artenarm (30 Arten), in den Tropen aber weit verbreitet. Eichhornia crassipes und verwandte Arten (Wasserhyazinthen) gelten als berüchtigtes Wasserunkraut, das große Anteile fließender und stehender Gewässer in den Tropen bedeckt. Die Wasserhyazinthen besitzen dorsiventral (zygomorph) gebaute Blüten und zeichnen sich durch Heterostylie aus, was außergewöhnlich ist, denn Heterostylie kommt bei den Monokotyledonen ansonsten nicht vor.


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