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Lycopodiatae (= Lycopsida; Bärlappgewächse)


Die Sporophyten sind bewurzelt, der Stamm trägt in schraubiger Anordnung kleine Blättchen (Mikrophylle). Die Sporangien sind dickwandig. Primitive Ordnungen zeichnen sich durch Homosporie, fortschrittlichere durch Heterosporie aus; die Gameten sind zwei- oder vielgeißlig. Den Lycopodiatae gehören folgende Ordnungen, Familien und ausgewählte Gattungen an:

Protolepidodendrales*

Protolepidodendrales: Baragwanathia
Protolepidodendraceae
Lycopodiales

Lycopodiaceae: Lycopodium, Phylloglossum
Lepidodendrales*

Lepidodendraceae: Lepidodendron
Bothrodendraceae
Sigillariaceae: Sigillaria
Pleuromeiaceae: Pleuromeia
Isoetales

Isoetaceae: Isoetes
Selaginellales
Selaginellaceae: Selaginella

Die ersten beiden Ordnungen enthalten nur homospore Arten, die drei letzten nur heterospore. Die mit * versehenen sind nur als Fossilien bekannt.


Protolepidodendrales

Die in Formationen des Unteren Devon in Australien gefundene Baragwanathia gilt als die älteste Lycopsida. Der Vegetationskörper bestand aus fleischigen, dichotom verzweigten Ästen (Ø 1-6,5 cm), die dicht mit Blättern (1 mm breit, bis 4 cm lang) besetzt waren. Sporangien lagen auf Blättern. Derartige sporangientragende Blätter, auch Sporophylle genannt, sind für die Pteridophyta charakteristisch. Die übrigen Vertreter der Protolepidodendrales waren bis zu 30 Zentimeter hohe Pflanzen, die im Unteren und Mittleren Devon verbreitet waren.


Lycopodiales (Bärlappe)

Es gibt etwa 200 rezente Lycopodium-Arten, von denen die meisten in den Tropen vorkommen, einige aber auch in arktischen und alpinen Zonen verbreitet sind. Die Gattung Phylloglossum ist nur mit einer Art (Phylloglossum drumundii) in Neuseeland, Tasmanien und Südostaustralien vertreten. Die Vegetationsperiode ist auf die Wintermonate beschränkt, denn im Sommer ist es in ihrem Verbreitungsgebiet zu trocken. Die Sporangien entwickeln sich daher bereits auf den embryonalen Sporophyten. Lycopodium-Arten unterscheiden sich außer in ihrer Lebensweise (einige leben terrestrisch, andere epiphytisch) durch den Habitus und die Anordnung der Sporophylle.

Einfache Stele aus der Wurzel von Lycopodium.

Plectostele aus einem Lycopodium Sproß: Das Xylem sieht plattenförmig aus (Plecto = Platte). Jede der Platten ist von Phloem umgeben. Die Struktur ist wesentlich komplexer als bei Psilotum (s. unten). Die Blattspuren (Gefäßbündel, die von der zentralen Stele in die Blattadern führen) sind auffallend klein.

© David T. WEBB, University of Hawaii at Manoa: BOT 311 Form & Function in Algae & Plants

Die beiden extremen Formen werden durch die Arten Lycopodium selago und Lycopodium clavatum repräsentiert. Lycopodium selago besitzt vornehmlich aufrecht wachsende Triebe, es gibt keine auffälligen Sporangienstände. Die Sporangien sind in regelmäßigen Abständen auf den Blättern angelegt. Fertile Blätter wechseln sich entlang der Achse mit sterilen ab. Lycopodium clavatum besitzt eine dem Boden anliegende (horizontal wachsende) Achse, von der in bestimmten Abständen aufrecht wachsende Triebe abzweigen (anisotome Dichotomie). An ihren Enden tragen sie auffallend gebaute ährenförmige Sporangienstände (Sporophylle).


Lycopodium clavatum - Lycopodium selago
Eine epiphytische Lycopodium-Art vom Kinabalu auf Borneo


Bei epiphytisch lebenden Arten, z.B. Lycopodium volubile, sind die Sporangienstände hängend. Alle Lycopodium-Arten sind auf Mykorrhiza-Pilze angewiesen, ohne die eine Prothallienentwicklung ausgeschlossen ist. Die Prothallien tropischer, epiphytisch lebender Arten sind meist grün, die der in den gemäßigten und der arktischen Zone lebenden Arten wachsen teils unterirdisch, teils oberirdisch, und nur die dem Licht ausgesetzten Teile ergrünen.

Die Chromosomenzahl von Phylloglossum liegt bei n = 255, bei Lycopodium selago wurde n = 130 gezählt, und bei Lycopodium clavatum und Lycopodium annotinum n = 34. Man vermutet, daß die hohe Chromosomenzahl in dieser Gruppe als primitives Merkmal zu werten sei und nicht auf sekundärer Polyploidisierung beruht.


Lepidodendrales

Die Lepidodendrales (zusammen mit den Calamites aus der Klasse Equisetatae) kann man als die erste erfolgreiche Gruppe der Landpflanzen bezeichnen. Während ihrer Blütezeit im Unteren bis Oberen Karbon (Steinkohlenwälder) war sie mit über 200 Arten vertreten. Viele von ihnen waren echte, über 40 Meter hohe Bäume mit verholztem Stamm, die ein deutliches sekundäres Dickenwachstum zeigten.

Man unterscheidet die einzelnen Arten, von denen eine Fülle gut erhaltener Fossilien vorhanden ist, aufgrund ihres Habitus. So zeichnet sich z.B. Lepidodendron obovatum, eine als relativ primitiv geltende Art, durch regelmäßige Verzweigungen in ihrer Krone aus.

Analysen der Leitbündelanordnung lassen verläßliche Aussagen über Artzugehörigkeit und Evolutionshöhe zu. Man muß dazu aber wissen, daß es in der Holzanatomie nicht nur Unterschiede von Art zu Art, sondern auch zwischen Individuen der gleichen Art an verschiedenen Standorten und sogar innerhalb eines Individuums gibt.

Im Gegensatz zu den rezenten Bäumen der Spermatophyta diente das Holz in erster Linie der Wasserführung, während die Rinde als stabilisierendes Element ausgebaut wurde. Demnach ist auch das Korkkambium aktiver; es ist außerdem umfangreicher angelegt als das interfaszikuläre Kambium .

Die Lepidodendrales besaßen keine echten Wurzeln, statt dessen waren sie mit Stigmarien ausgerüstet. Das sind waagerecht wachsende, dichotom verzweigte Sprosse. Sie bildeten, da sie in alle Richtungen wuchsen, tellerförmige Stützen aus, auf denen der Baum ruhte. Die Stabilität von Wurzeln ist damit bei weitem nicht erreicht, wenngleich von ihnen wurzelähnliche Auswüchse ausgingen, durch die eine zusätzliche Verankerung im Boden gewährleistet war. Die Blätter saßen an den Stämmen in charakteristischer Anordnung. An ihrer Basis trugen sie eine sogenannte Ligula, die vermutlich als wasseraufnehmendes Organ fungierte. Eine Ligula kommt bei allen heterosporen Lycopodiatae vor.

Durch Abfall hinterließen die Blätter artspezifisch geformte Narben, die den Arten der Gattung Lepidodendron den Namen Schuppenbaum, denen der Gattung Sigillaria den Namen Siegelbaum einbrachten. Die Sporophylle saßen an den Enden von Seitenzweigen und waren meist zu ährenähnlichen Verbänden vereint. Hier wäre auch der Name Zapfen und der Vergleich mit den Zapfen der rezenten Nadelbäume angebracht. Durch lange Sporophylle waren die Sporangien geschützt. Es kam ausschließlich Heterosporie vor. Megasporangien wurden an der Basis, Mikrosporangien an der Spitze (am Apex) eines Sporangienstandes angelegt. Diese Anordnung ist genau umgekehrt wie bei zapfentragenden rezenten Gymnospermen und Angiospermen. Die Gattung Sigillaria zeichnet sich durch einen geringeren Verzweigungsgrad ihres Stammes aus. Die Blätter waren grasartig und wurden bis zu einem Meter lang. Die Sporophylle saßen an langen Seitenzweigen.



Pflanzen des Karbons: Sigillaria (Siegelbaum) und Lepidodendron (Schuppenbaum)


Pleuromeia-Arten waren in der Trias verbreitet. Im Vergleich zu den eben besprochenen Arten aus dem Devon waren sie sehr klein. Sie erreichten eine Höhe von maximal einem Meter. Ein auffallendes Merkmal war die Diözie. Terminal wurde ein einzelner Zapfen mit Megasporen oder Mikrosporen angelegt. Zum anderen lag an der Stammbasis ein knollenartiges Gebilde, von dem Wurzeln ausgingen. Eine ähnliche Struktur wird uns gleich anschließend bei den Isoetales begegnen.

Stammbasis einer Sigillaria gefunden bei Piesberg nahe Osnabrück. Das Photo entstand im Jahre 1886, kurz nach der Entdeckung Weitere Einzelheiten s.: H. KERP: Forschungsstelle für Paläobotanik der Universität Münster


Isoetales

Die Isoetales sind eine rezente, weltweit verbreitete Gruppe mit nur einer Gattung: Isoetes. Viele Arten leben submers, andere auf feuchtem Boden. Das charakteristische Merkmal ist eine knollenförmige Verdickung an der Sproßbasis, mit einer Art sekundärem Dickenwachstum. Die daraus entspringenden Blätter sind rosettenförmig angeordnet; alle sind zumindest potentiell Sporophylle, die äußeren tragen Megasporen, die inneren Mikrosporen. Das Blattgewebe submers lebender Arten ist von zahlreichen untereinander verbundenen Lufträumen (Lakunen) durchsetzt. Die in Mitteleuropa am Grunde stehender Gewässer einst verbreitete Art Isoetes lacustris geht aufgrund der zunehmenden Gewässerverunreinigungen stetig zurück. Sie gilt daher bei uns als vom Aussterben bedroht.


Selaginellales

Man kennt etwa 700 rezente Arten, von denen die meisten in den Tropen und Subtropen verbreitet sind. Wenige Arten sind auch in Europa beheimatet, so z.B. Selaginella helvetica in den Alpen und Selaginella selaginoides in Mittelgebirgen;

Selaginella lepidophylla kommt in Wüstenbereichen vor. Tropische Arten findet man oft in feuchten, schlecht belichteten Biotopen, z.B. am Boden der Regenwälder (und in den Tropenhäusern der Botanischen Gärten). Einige Arten sind polsterbildend, andere bilden mehrere Meter lange, aufrecht wachsende Sprosse aus, die auf andere Pflanzen als Stützen angewiesen sind. Sekundäres Dickenwachstum fehlt, Heterosporie ist dafür ein charakteristisches Merkmal aller Arten. Dabei können - je nach Art - Mikrosporangien und Megasporangien getrennt oder in ein- und demselben Sporangienstand angelegt sein.

Auffallend ist die Sporenbildung, denn in Megasporangien kommt nur eine von vielen Sporenmutterzellen zur vollen Entwicklung, und nur diese durchläuft die Meiose. Prothallien entwickeln sich wie bei den Isoetales bereits innerhalb der Sporenwand.

Die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den einzelnen Ordnungen der Lycopodiatae sind nicht in allen Fällen widerspruchslos gelöst. Zwar ist man sich darüber einig, daß die homosporen Ordnungen primitiver als die heterosporen sind, wie sie aber untereinander zusammenhängen, bleibt unklar. Zwischen Selaginellen und Isoetes sind nur wenige Gemeinsamkeiten auszumachen, wenn man einmal von der Zahl der Geißeln männlicher Gameten und Embryobildung (Prothalliumbildung) innerhalb der Sporenwand absieht. Mit den Lepidodendrales haben die Selaginellales auch nur wenig gemeinsam (abgesehen von Heterosporie und Ligula).


Abbildungen aus: O. W. THOMÉ, - Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz (1885 - 1905)
digitale Bearbeitung und © Kurt Stüber MPI für Züchtungsforschung.- Kurt Stübers online library of historic biological books


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