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Osmose


Modell eines osmotischen Systems. Zwei Kompartimente sind durch eine semipermeable Membran getrennt. Die Porengröße ist ausreichend, um kleinen Partikeln (Ionen, Molekülen) einen ungehinderten Durchlaß zu gewähren; sie verhindert die Passage der großen. Es baut sich daher im linken Kompartiment ein höherer osmotischer Druck auf, da sich jedes Partikel mit einer Hydrathülle umgibt. Da jenes Kompartiment mehr "wasserbindende" Partikel enthält, deht sich das Volumen aus. Der osmotische Druck (Turgor): delta P ist manometrisch meßbar. Hierbei sind: psi = das Wasserpotential, delta P = der hydrostatische Druck, sigma = das Verhältnis von scheinbarem zu theoretischem osmotischen Druck in Abhängigkeit von der Semipermeabilität der Membran und pi = der osmotische Druck des Kompartiments (Zelle).

© James K. Hardy


Biologische Membranen sind in der Regel durchlässig für Wasser und Gase, wie Sauerstoff, Stickstoff, Kohlendioxyd u.a., semipermeabel für einige Ionen, Zucker und andere kleine Moleküle und, von Ausnahmen abgesehen, undurchlässig für große Moleküle. Rein formal hängt die Durchlässigkeit einer Membran von ihrer Porengröße ab.

Unter Osmose versteht man den Nettofluß von Wasser durch eine Membran hindurch. Zur Veranschaulichung soll folgende Modellvorstellung dienen: Zu einem Ausgangszeitpunkt t0 befindet sich in zwei gleich großen Volumina (v1 und v2) eine gelöste Substanz, und zwar einmal in der Konzentration c1, zum anderen in der Konzentration c2. Wir nehmen nun an, c1 sei doppelt so hoch wie c2 und die beiden Volumina seien durch eine bewegliche Membran voneinander getrennt, die Wasser, jedoch nicht die darin gelöste Substanz hindurchläßt.

Zu einem Zeitpunkt t1 würde man unter den angenommenen Bedingungen eine Bewegung der Membran feststellen können. Es würde sich ein Gleichgewicht einstellen, wobei sich die Konzentration von c1 an c2 angleichen würde, weil ja das Wasser beliebig durch die Membran hindurch diffundieren kann. Das Volumen von c1 wäre dann doppelt so groß wie das von c2. Die konzentrierte Lösung hat demnach an Volumen gewonnen.

Die Osmose bewirkt somit einen Nettofluß von Wasser aus einer Lösung mit "hohem Wasserpotential" in eine Lösung mit "niedrigem Wasserpotential". Das Wasserpotential (Psi) beschreibt demnach den Wasserfluß aus Lösungen geringer Konzentration in Lösungen hoher Konzentration. Wasser strömt nur von Orten mit hohen zu Orten mit niedrigem Psi, entlang eines abfallenden Psi-Gradienten. Der Prozeß ist exergonisch, ist also nicht auf eine Energiezufuhr angewiesen. Unter Energieaufwand kann Wasser auch in umgekehrter Richtung befördert werden, d.h. von Orten mit niedrigem Psi zu jenen mit höherem Psi. Diese Bewegung ist folglich endergonisch.

Durch Osmose wird ein hydrostatischer Druck auf eine Membran ausgeübt (osmotischer Druck, osmotisches Potential, p, Dimension: atm., Bar). Der Druck wiederum ist, wie wir an unserem Modellbeispiel gesehen haben, von den Konzentrationen der gelösten Substanzen abhängig. Man spricht daher auch vom Potential gelöster Substanzen. Der osmotische Druck dient dem Abbau des Wasserpotentials. Ein wichtiger Punkt: Der osmotische Druck hängt ausschließlich von der Zahl (nicht der Art) gelöster Teilchen ab, also von der Molarität.

Drei neue Begriffe:

isotonisch: Der osmotische Druck auf beiden Seiten der Membran ist gleich.
hypotonisch: Die Konzentration einer gelösten Substanz (z.B. in der Zelle) ist niedriger als in der Vergleichslösung (z.B. der Umgebung der Zelle)
hypertonisch: Die Konzentration einer gelösten Substanz ist höher als in der Vergleichslösung.
Wasser wandert so lange aus einer hypotonischen in eine hypertonische Lösung ein, bis beide isotonisch sind.


Osmose und biologische Membranen; Turgor

Jede Zelle hat stets mit osmotischen Erscheinungen zu kämpfen. Zellwandlose Zellen in wäßriger Lösung sind in der Regel hypertonisch, d.h., es erfolgt in sie ein kontinuierlicher Wassereinstrom, der seinerseits einen Druck von innen auf die Membran ausübt. Bei einigen Ciliaten (z.B. Paramecium) und Flagellaten (z.B. Euglena) wird es ständig unter Energieaufwand wieder herausgepumpt (pulsierende Vakuolen). Rote Blutkörperchen (Erythrozyten) kommen normalerweise in einer isotonischen Umgebung (Blutplasma) vor. Verdünnt man Blut mit Wasser, platzen die Zellen, da die Membran dem osmotischen Druck des Zellinneren nicht standhält. Man kann das Platzen unterbinden, wenn man das Blut mit einer isotonischen Lösung (0,9 prozentige NaCl-Lösung = Physiologische Kochsalzlösung) verdünnt.

Bei Pflanzenzellen ist die Situation nur deshalb anders, weil sie in der Regel von einer elastisch dehnbaren Zellwand umgeben sind. Bringt man sie in eine hypotonische Lösung, können sie nur so lange Wasser aufnehmen, bis ein Ausgleich des Wasserpotentials innen und außen erreicht ist; innen steht das Wasser trotz höherer Konzentration der osmotisch wirksamen Substanzen (Osmolytica) unter einem zusätzlichen hydrostatischen Druck, dem Turgor. Das ermöglicht den Pflanzenzellen, in ihren Vakuolen Ionen, Zucker, organische Säuren, Aminosäuren u.a. in beträchtlichen Konzentrationen zu speichern. Durch Wasseraufnahme baut sich intrazellulär ein entsprechend hoher hydrostatischer Druck auf. Der auf die Wand ausgeübte Druck (Turgor) spielt eine entscheidende Rolle zum Erhalt der Stabilität und Steifheit pflanzlicher Gewebe. Jede Zelle übt dabei Druck auf die benachbarten aus. In der Summe baut sich daher eine beträchtliche Gewebespannung auf.

Pflanzen, die Wasser verlieren, werden schlaff, weil der Turgor nachläßt. Die Stabilität der Gewebe ist nicht mehr gewährleistet. Solange die Zellen leben, kann er durch Wasserzufuhr wieder eingestellt werden. Diese Erscheinung ist aus der Praxis geläufig: Nach Bewässerung können sich schlaffe Pflanzen wieder erholen.

Osmose und Turgor wurden bereits gegen Ende des letzten Jahrhunderts von W. PFEFFER ausgiebig untersucht. Er konstruierte ein Modell (ein Osmometer, PFEFFERsche Zelle), mit dessen Hilfe sich der osmotische Druck quantitativ bestimmen läßt. Die Beziehung zwischen Turgor und Osmose faßte er zu einer Gleichung für die osmotische Zustandsgröße der Zelle zusammen. Sie lautet

Sz = Oz - W

(hierbei sind: Sz = "Saugkraft" der Zelle, Oz = Osmotischer Wert und W = Wanddruck)

Bringt man pflanzliche Zellen in eine hypertonische Lösung (z.B. eine fünfprozentige Kaliumnitrat-Lösung) wird dem Protoplasten Wasser entzogen, er schrumpft. Diese Erscheinung wird als Plasmolyse bezeichnet. Eine Deplasmolysierung (Deplasmolyse) erfolgt, sobald die Zellen wieder in eine hypotonische Lösung überführt werden; auch hier zeigt sich wieder, daß der Vorgang reversibel ist.

Seit Ende der sechziger Jahre kann man bei einer Reihe von Pflanzenarten durch Behandlung von Mesophyllgewebe (z.T. auch von anderen Geweben) mit Pektinase und Cellulase den Gewebeverband und die Zellwand auflösen. Man gewinnt zellwandlose Protoplasten, die nur in isotonischen Medien (z.B. einer 0,6-0,7molaren Mannitollösung) gehalten werden können.


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