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Was ist auf elektronenmikroskopischen Bildern zu sehen ?


Bevor man sich mit einer neuen Technik auseinandersetzt oder sie anwenden möchte, ist es ratsam, damit Ergebnisse zu erzielen, die sich an Bekanntes anschließen. Unerläßlich ist daher die Forderung, zunächst zu versuchen, solche Strukturen abzubilden, die man bereits lichtmikroskopisch identifiziert hat.

Die wichtigste Erkenntnis aus der ersten Phase elektronenmikroskopischer Forschung (1945 bis etwa 1955) war die Feststellung, daß die Ultrastruktur tierischer und pflanzlicher Zellen nahezu identisch ist. Die Zellen sind von ausgedehnten Membransystemen durchsetzt, die das Plasma in eine Anzahl von Kompartimenten untergliedern. Alle Membranen haben die gleiche Dicke und sind als Doppelschichten identifizierbar (zwei parallel liegende dunkle Linien). Die Doppelschichtstruktur beruht auf der Anlagerung des Kontrastierungsmittels an beiden Seiten (Innen- und Außenseite) der Membran. Aufgrund ihrer Lage und ihrer Assoziation mit anderen Strukturen können sie verschiedenen Typen zugeordnet werden:

        Plasmamembran (Plasmalemma). Ein Dogma: Jede Zelle ist von einer Plasmamembran umgeben.
       

Endoplasmatisches Retikulum (ER). Das ist ein umfangreiches intrazelluläres Membransystem, das für alle eukaryotischen Zellen typisch ist. An der dem Plasma zugewandten Seite sind (oft) klar definierte Partikel (Ribosomen) angelagert; es sind die Orte der Proteinbiosynthese. Das Innere des endoplasmatischen Retikulums (Lumen) ist stets ribosomenfrei. Da nicht alle ER-Bereiche Ribosomen tragen, unterscheidet man zwischen dem rauhem ER (rough ER) (mit Ribosomen) und dem glatten ER (smooth ER) (ohne Ribosomen).


Zu spezifischen - hier spiraligen - Aggregaten zusammengelagerte Ribosomen (Polysomen) an ER-Membranen (in Aufsicht) in einer Haustorialzelle von Cuscuta odorata. - Polysom (in helicaler Anordnung) und freie Ribosomen im Cytosol einer jungen Siebröhre aus dem Sproß von Helianthus annuus (Sonnenblume).
(Ch. GLOCKMANN, R. KOLLMANN, 1983)
       

Kernhülle und Kernporen. Der Zellkern ist von einer Doppelmembran, einer Hülle, umgeben. Die innere und die äußere Kernmembran stehen lokal untereinander in Verbindung. Das dabei entstehende spezifische Faltungsmuster manifestiert sich in der Ausbildung von Kernporen. Es handelt es sich bei der Durchlöcherung der Kernhülle demnach nicht um Perforationen von Membranen. Die Kernporen sind mit einem spezifisch strukturierten Material, dem Kernporenkomplex, ausgefüllt. Auf zahlreichen Bildern ist zu sehen, daß das endoplasmatische Retikulum eine Ausstülpung der äußeren, ribosomentragenden Kernmembran ist, so daß der Schluß gezogen werden konnte, daß Kernhülle und das ER ebenfalls ein Kontinuum bilden.


Kernhülle mit Kernporen
(Schematische Darstellung, Ausschnitt)
(Nach W. R. BOWEN, 1969)
       

Golgi-Apparat. Außer dem ER enthält das Plasma - meist in ER-Nachbarschaft - Stapel abgeflachter Vesikel, an deren Rändern vielfach freie Vesikel erkennbar sind. Die einzelnen Stapel sind die Dictyosomen, die Gesamtheit aller Dictyosomen einer Zelle ist der Golgi-Apparat. Er ist eine Schaltstelle des Membranflusses und ist am Export von Makromolekülen aus der Zelle beteiligt.

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Linkes Bild: Dictyosom aus einer Haustorialzelle von Cuscuta odorata (Ch. GLOCKMANN, R. KOLLMANN, 1984),
Rechtes Bild: Dictyosom und Dictyosomale Vesikel (E. SCHNEPF)


Organellen

Organellen sind membranumschlossene funktionelle Einheiten der Zelle. Am bekanntesten sind die Mitochondrien, die Orte, an denen die Zellatmungsprozesse ablaufen, und die Plastiden, von denen wiederum die Chloroplasten am auffälligsten sind.

       

Mitochondrien kommen in tierischen und in pflanzlichen Zellen vor, Plastiden nur in pflanzlichen. Die Mitochondrien bestehen strukturell aus zwei in sich geschlossenen Membranen, der äußeren und der inneren. Die innere ist ins Mitochondrieninnere (Matrix) hinein gefaltet, und je nach Faltungstyp unterscheidet man zwischen Cristae und Tubuli.

       

In den Plastiden sind drei Membrantypen vorhanden. Die äußere und die innere Plastidenmembran bilden die Plastidenhülle. Innerhalb der Hülle liegt das Thylakoidsystem, das sich in voll ausgebildeten Chloroplasten durch ein spezifisches Faltungsmuster auszeichnet. In anderen Plastidentypen, Proplastiden oder Entwicklungsstufen der Chloroplasten liegt es in vereinfachter Form vor. In den Chloroplasten der Algen ist es anders strukturiert; stärkehaltige Plastiden sind die Amyloplasten.

 
Dünnschnitt durch einen Chloroplasten der Gerste. Die Form und Anordnung der Grana ist für normal ausgebildete Chloroplasten typisch. Die dunklen Kreise im Bild sind Fettropfen (Einschlüsse). Grana (Thylakoidstapel) können bis zu 25 Thylakoide enthalten (K. R. MILLER, Harvard University, 1976)
       

Microbodies: Das sind zelluläre Kompartimente, die etwa halb so groß wie die Mitochondrien und von einer einfachen Membran umgeben sind. In ihnen laufen ganz bestimmte Stoffwechselwege ab. Je nach der Art der Umsetzungen unterscheidet man zwischen Peroxysomen und Glyoxysomen

       

Zellkern: Der von der Kernhülle umgebene Zellkern enthält granulär aussehendes Material (Chromatin). Der Nukleolus ist als Bereich hohen Kontrasts erkennbar. Weitere Einzelheiten konnten erst nach partieller Isolierung der Chromatinanteile elektronenmikroskopisch analysiert werden


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