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Xylem


Die wichtigsten Leitelemente des Xylems sind die Tracheiden und die Tracheen (Gefäße). Hinzu kommen die Xylemfasern und lebende Parenchymzellen. Vieles spricht dafür, daß sich sowohl die Xylemfasern als auch die Tracheen von den Tracheiden ableiten. Mehr darüber später. Zunächst einmal ein Porträit der Zellen:

Zur Isolierung und Abbildung verholzter Zellen bedient man sich des seit 1851 bewährten Schulzeschen Mazerationsverfahrens: Kleine Holzstückchen werden mit einem Gemisch aus festem Kaliumchlorat und konzentrierter Salpetersäure überschichtet. Das Volumen Holz + Reagenz sollte nicht mehr als ca. 10 Prozent des Reaktionsgefäßes ausmachen, denn nach vorsichtiger Erwärmung kommt es zu einer lebhaften Gasentwicklung. Die Oberflächen der Holzstückchen werden stark angegriffen. Die einzelnen Zellen lassen sich nach dem Waschen der Präparate mit einem Spatel abschaben und mikroskopieren.

Tracheiden: Tracheiden sind gestreckte, im Schnitt 1 mm lange, an beiden Enden geschlossene Zellen. Man kann diesen Zelltyp als den Prototyp prosenchymatischer Zellen ansehen, denn er läuft an den Enden spitz aus, echte Endwände fehlen daher. In Querschnitten erscheinen die Zellen oft eckig, die verholzte Sekundärwand ist relativ dünn. Ihr Belag ist entlang der gesamten Zelloberfläche einheitlich strukturiert. Die (Sekundär)-wände sind von zahlreichen Tüpfeln durchbrochen, die je nach Herkunft rund, oval oder spalten- (rillen)-förmig sind. Sie liegen einzeln vor, sind statistisch verteilt, schraubig entlang der Längsachse angeordnet oder in Gruppen zusammengefaßt.

Derartige Gruppen (Felder) liegen oft an den Zellenden. Liegen spaltförmige Tüpfel übereinander, kann sich eine leiter- oder treppenförmige Perforation herausbilden, die man üblicherweise als scalariform bezeichnet. Wir werden ihr bei der Besprechung der Tracheen (Gefäße) wieder begegnen. Vielfach erscheinen die Tüpfel als "behöft" (oder "gehöft": Hoftüpfel). In Tracheiden mancher Gymnospermen sind sie besonders deutlich ausgeprägt. Ihre Struktur kann am besten in Querschnitten durch benachbarte Zellen (in nichtmazerierten Präparaten) erkannt werden. Zwischen den Zellen bleibt die Mittellamelle (= Schließhaut) erhalten. Im Zentrum des Tüpfels liegt ein Torus, der aus Primärwandmaterial besteht.

In dieser Zone ist die Sekundärwand abgehoben. Zwischen ihr und der Mittellamelle entsteht ein Bereich, der als Hof bezeichnet wird. In der Aufsicht erscheint diese Struktur als Projektion zweier konzentrische Ringe. Hoftüpfel kommen nur in sekundärwandhaltigen Zellen vor.

Tracheen oder Gefäße: Zoologen verstehen unter Tracheen die Luftröhren der Insekten, Botaniker die wassergefüllten Röhren des Xylems. Der Begriff wurde im 17. Jahrhundert von M. MALPIGHI geprägt, der im Auftreten der Tracheen eine wichtige Gemeinsamkeit in der Anatomie von Tieren und Pflanzen gefunden zu haben glaubte.

Im Gegensatz zu den Tracheiden sind die Endwände (Querwände) der einzelnen Tracheenzellen perforiert oder, was weit häufiger vorkommt, völlig aufgelöst. Wegen der Länge der Röhren, die ihrerseits aus zahlreichen Zellen zusammengesetzt sind, ist es sehr schwer, sie als Ganzes zu isolieren, sie können bis zu mehreren Metern lang sein. Es wird allgemein angenommen, daß sie zumindest bei einigen Arten ebenso lang wie der oberirdische Sproß sind. Während der Ontogenese erweitern sie sich sehr stark. Im Querschnitt erscheinen sie meist rund, wobei der Durchmesser üblicherweise erheblich größer als der der Tracheiden ist, wodurch die Wasserführungskapazität steigt. Besonders weitlumige Gefäße kommen bei den Laubbäumen vor, von denen ja bekannt ist, daß sie durch Transpiration ganz beträchtliche Wassermengen verlieren. So beträgt der Verlust einer voll ausgewachsenen Birke (mit einer geschätzten Blattzahl von 200 000) an trockenen Tagen bis zu 400 Liter Wasser. Noch weitlumiger als die Laubbaumtracheen sind die vieler Lianen. Andererseits kommen bei den mit am höchsten rezenten Bäumen, den Redwoods u.a. Sequoias an der kalifornischen Pazifikküste, ausschließlich relativ englumige Tracheiden vor. Gefäße sind durch charakteristisch strukturierte Sekundärwandablagerungen (Lignin) an der Primärwandinnenseite gekennzeichnet. Es gibt schraubenförmige, ringförmige oder netzförmige Aussteifungen. Dementsprechend werden sie als Schrauben-, Ring- oder Netzgefäße bezeichnet.

Außerdem gibt es Tüpfel- und Leitergefäße, deren Wand nahezu vollständig mit Sekundärwandmaterial ausgekleidet und lediglich durch runde oder spaltförmige Tüpfel durchbrochen ist. Zwischen den genannten Formen kommen viele Übergänge vor. Oft liegen in einem Leitbündel mehrere, gelegentlich sogar alle Typen nebeneinander. Es gibt aber auch viele Arten, denen der eine oder der andere Typ fehlt. Die Tracheen (wie auch die Tracheiden) entstehen während des primären Sproßwachstums aus Zellen des Prokambiums. Überall dort, wo sekundäres Dickenwachstum vorkommt, werden sie vorwiegend aus den Zellen des Kambiums gebildet.


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